Hätte der Draxler den Ausgleich gemacht, wäre das Spiel ganz anders verlaufen. Das sagen alle. Ich halte das allerdings für Wunschdenken. Schalke hatte vergessen kompakt zu stehen. Und der Gegner war eins der beiden besten Teams der Welt.
Die Galaktischen auf Schalke
Real baute sich in einem 4-3-3 auf, mit Xabi Alonso als 6er sowie di Maria und Modric gestaffelt davor. Vorne dann der Stürmer Benzema, der sich viel bewegte und Platz für die Schnäppchenspieler auf den Flügeln machte, Bale und Weltfußballer Ronaldo. Allein die Aufstellung liest sich wie eine Weltauswahl und genauso spielten sie auch. Gleichzeitig zeigten sie sich sehr gut vorbereitet, Schalke wurde als Gegner sehr ernst genommen.
So hat der Ruf als Kontermannschaft es anscheinend bis in die Spanische Hauptstadt geschafft. Wann immer Real denn Ball verlor dauerte es meist nicht lang und die defensive Grundordnung war wieder hergestellt. Das war dann meist ein 4-1-4-1 oder ein 4-4-2, je nachdem wie intensiv sich CR7 in die Abwehrarbeiten zu hängen beliebte.
Die Außenverteidiger Carvajal und Marcelo rückten eher behutsam vor. Meist standen sie mit etwas Abstand hinter den Vorderleuten und verbreiterten das Mittelfeld, bzw. gaben den 8ern mehr Kombinationsmöglichkeiten.
Schalke auf der anderen Seite begann wie immer im 4-2-3-1, zum ersten Mal in diesem Jahr wieder mit Julian Draxler in der Startaufstellung. Der positionierte sich links, so dass Schalke vorne Nominell in Bestbesatzung präsentieren konnte. Allerdings fehlte Draxler noch Spielpraxis und in der Konstellation wurde so auch noch nie zusammengespielt.
Ansonsten versuchte Schalke das Gesicht zu zeigen, mit dem sie so erfolgreich aus der Winterpause gekommen sind. Doch irgendwie wollte das nicht so recht gelingen…
Wichtich is auf’m Platz
Schalke versuchte sich gegen den starken Gegner gut zu präsentieren, machte aber aus Nervosität ein paar Fehler. Die waren nicht nur Schalke-Untypisch, sondern brachen ihnen auch letztlich das Genick. Wie noch nie in dieser Saison ging Schalke die Kompaktheit flöten.
Vermutlich aus Angst in Konter zu laufen (denn das ist auch eine Spezialität der Madrilenen) verzichtete Schalke wie schon am Freitag zuvor auf aggressives Pressing. Die Spieler kämen eh nicht wirklich in die Nähe des Balls. Stärker als in den ersten Spielen wurde also die Mannorientierung vernachlässigt und der Raum gesichert. Das machte Schalke sogar recht geschickt, das Mittelfeld war quasi Dicht. Immer wieder während des gesamten Spiels gab es Szenen, in denen Madrid hinten rum und rauf und runter spielt, weil Schalke keine Lücke bietet.
Doch durch geschickte Staffelung schaffte Madrid es immer wieder die Knappen auseinander zu ziehen wie ein Akkordeon. So ergaben sich Räume, die deutlich größer sind als das was für Real nötig ist um Brandgefährlich zu werden. Immer wieder ergaben sich so Gelegenheiten für Schnittstellenpässe auf Spieler im freien Raum. Besonders Fußballgenie Luka Modric zeigte hier seine unglaubliche Übersicht. Auch Xabi Anlonso verlagerte hier mehrfach schlau mit einem weiten Diagonalpass in die Spitze. Prinzipiell machte Schalke nämlich das Mittelfeld zwar relativ gut Dicht, oft kamen die Spanier dann aber über den Flügel. Sie schufen dort eine Überzahlsituation, Schalke konnte sich nicht schnell genug zusammen ziehen und schon wurde es gefährlich.
Das erste Tor etwa, entstand aus so einer Situation. Modric begibt sich aus dem Deckungsschatten von Neustädter und Draxler heraus auf die Seite, wird dann von Neustädter angelaufen, kann jedoch mühelos zu Bale durchstecken, der wiederrum nur noch Kolasinac vor sich hat. Kurze Stafette, Tor.
Zwar war dieses, das erste Tor nämlich, das einzige, dass nicht aus einem Konter entstand doch zeigte sich schon hier das Problem: Vier Schalker Verteidiger gegen Bale, Benzema und Ronaldo. Es fanden ständig 1:1 Situationen statt, die Joel Matip zwar häufig noch großartig löste, im Allgemeinen klappte das aber eher so Mittelgut. Die Verteidigung war allein gelassen, weil Schalke digital aufrückte: Ganz oder gar nicht.
Konter wurden nur dann mit Nachdruck vorgetragen, wenn sie eigentlich gar keine waren. Immer wenn es Schalke plötzlich in Ballbesitz kam und die Verteidigung von Madrid mit runtergelassenen Hosen erwischte merkte Farfán in Strafraumnähe, dass er ganz alleine war. Der Rest ist nicht oder nur sehr zaghaft aufgerückt. Anders sah das Ganze im geregelten Spielaufbau aus. Wenn Schalke den Ball im Mittelfeld sichern konnte und strukturiert nach vorne schob, rückten weite Teile der Mannschaft auf. Besonders Höwedes versuchte so immer wieder mit nach vorne zu gehen. Wenn Schalke dann allerdings den Ball verlor, standen plötzlich Bale, Benzema und Ronaldo vor Matip, Santana und Neustädter.
Ab dem zweiten Gegentor ging Schalke die Kollektivität abhanden. Jeder einzelne Spieler war aktiv und bewegte sich gut, allerdings nie alle gleichzeitig.
Madrid dagegen zeigte über weite Strecken wunderbaren Fußball. Allein wie sich die drei Jungs vorne im Raum bewegen und die Rollen tauschen und miteinander agieren und kombinieren ist vom allerfeinsten.
Gegen Real kann man mal verlieren
Natürlich, Schalke hat nicht gut gespielt. Und natürlich, es sah zum Teil so aus, als hätten die Beteidigten einfach keine Lust mehr. Nichtsdestotrotz darf so eine Niederlage, im Zweifel sogar in der Höhe, eigentlich nicht überraschend kommen. Ich möchte keine Ausreden liefern, finde es aber wichtig Fußballspiele in Relation zu setzen. Getreu dem Motto Geld schießt Tore diskutiere ich hier ein paar Zahlen von Transfermarkt.de (Schalke 04 – Real Madrid).
Der gesamte Kader von Madrid hat einen Wert von über 570 Millionen Euro. Das sind die Bayern plus der Glubb aus Nürnberg. Schalke dagegen hat einen Marktwert von stolzen 186 Millionen Euro. Was in der Bundesliga noch zu Rang 3 reicht (Dortmund hat über 320 Millionen Euro), ist ziemlich genau ein Drittel von dem was sich bei Madrid da in der Kabine umzieht.
Gucken wir mal auf die Spieler. Nach Messi an der Spitze belegen Platz zwei und drei der Spieler mit den höchsten Marktwerten die Madrilenen-Stürmer Ronaldo und Bale. Der großartige Luka Modric und Sergio Ramos dahinter haben immer noch einen Marktwert von 40 Millionen. Also ungefähr die Phantasiesumme, die im Vertrag des jungen Julian Draxler steht. Nehmen wir nur einen davon und die drei nächst billigen zusammen: Benzema (34 Millionen Euro), di María (30) und Marcelo (25), so kommen wir auf 129 Millionen Euro. Der Marktwert dieser vier Spieler übersteigt damit den der gesamten Schalker Startelf um einige Hunderttausend Euro. Und da sind Fußballgenies wie Iker Casillas oder Xabi Alonso noch gar nicht eingerechnet. Andersrum gerechnet, hat allein die Startaufstellung der Madrilenen einen höheren Marktwert als die kompletten Kader von Bayer Leverkusen, dem VFL Wolfsburg und der Borussia Mönchengladbach zusammen.
Zugegeben, die Transfermarkt-Zahlen sind nicht viel mehr als ein Indikator. Doch sie machen den Unterschied recht deutlich. Der qualitative Unterschied zwischen beiden Mannschaften ist nicht unwesentlich. Natürlich kann im Fußball immer jeder jeden schlagen. Allerdings benötigt es dafür eine schwache Leistung des größeren Teams, eine großartige Leistung des kleineren Teams und ein bisschen Glück dazu. In diesem Spiel traf nichts davon zu. Schalke spielte wie oben beschrieben nicht überragend, was nötig gewesen wäre um Madrid in die Enge zu treiben. Madrid wiederrum spielte groß auf. Dann verliert man nunmal gegen Real Madrid. Das sollte niemanden wundern und darum sollte sich niemand grämen.
Nicht verstehen kann ich die Diskussion um die Qualität der Liga ob der Resultate von Leverkusen und Schalke in dieser Runde. Beide Spiele standen unter ähnlichen Vorzeichen und beide hatten ähnliche Ergebnisse. In der Diskussion geht etwas unter, dass in der ersten Runde des Achtelfinales der Champions League und aus beiden Runden des Sechzehntelfinales der Europa League lediglich ein Sieg einer englischen Mannschaft gelang. Tottenham holte nach einer roten Karte gegen den Gegner aus der Ukraine einen 1:0 Rückstand auf.
Es kommt immer etwas darauf an, wer auf wen trifft und in welcher Verfassung die Kontrahenten sich gerade befinden. Sicherlich gibt es eine Klassengesellschaft, aber Schalke gehört zur zweiten Garde, die mit schlichter Regelmäßigkeit die Gruppenphase der Champions League überlebt. Das ist so schlecht nicht.
Und darum freue ich mich einmal mehr über unsere Nordkurve, die das Spiel direkt richtig eingeordnet hat. Es war ein Feiertag auf Schalke, das große Real Madrid gab sich die Ehre. Und die Welt hat gesehen, dass Schalker ihre Mannschaft noch feiern, wenn sie 6:0 hinten liegt.
Dat is mein Schalke!
Fazit
Es war ein typisches David-gegen-Goliath Spiel. Wir alle kennen zwar Legenden, in denen der Underdog dem übermächtigen Gegner eins auswischt, aber die Wahrheit ist ja, dass die Wahrscheinlichkeit dafür sehr gering ist. Wir vergessen die vielen Male in denen der Favorit gewinnt. Diesmal war’s aber so.
Der Favorit hat glänzend gespielt, der Underdog sich nicht gut verkauft. Real war vorn Fluide und hinten Konsequent. Schalke dagegen fehlte die Kompaktheit. Das ist aus Schalker Sicht natürlich ärgerlich, aber objektiv betrachtet eigentlich nicht verwunderlich.
Das Tor des Spiels hat trotzdem der Hunter gemacht. 😀