In einem Heimspiel konnte Schalke einem sehr stark aufspielenden Hoffenheim einen Punkt abtrotzen. Die Mannschaft des 29 Jahre jungen Trainers Nagelmann brachte die vielleicht stärkste Offensivleistung auf den Platz, der Schalke sich in dieser Saison stellen musste. Das königsblaue Defensivbollwerk, das unter Weinzierl in den letzten Spielen sehr stabil agierte, geriet diesmal arg ins Bröckeln.
Beide Teams spielten in ihren typischen 5-3-2 Formationen wobei Hoffenheims rechter Flügelläufer Bicakcic deutlich defensiver eingestellt war als der normalerweise spielende Kaderabek. Dadurch ergab sich eine Asymmetrie, denn Zuber agierte auf links weiterhin sehr weit vorne. Beim FC Schalke 04 wiederum änderte sich die Besetzung der Dreierkette durch den Ausfall Naldos: Badstuber rückte ins Zentrum und Nastasic wurde linker Halbspieler.
Hoffenheims Kombinationsmaschine
Ich habe in der Einleitung ja schon angekündigt, dass ich Hoffenheims Ballbesitzspiel extrem gut fand. Läge bei dieser Analyse der Fokus nicht von vornherein auf unserer Schalker Mannschaft, würde den Mammutteil sicher die Beschreibung ebenjener Offensive ausmachen, so will ich nur kurz versuchen ihre Stärken ein bisschen zu umschreiben. Die Hoffenheimer positionieren sehr geschickt auf dem Spielfeld: stets orientieren sie sich aneinander und stellen Dreiecke her. Sehr lange halten sie dabei ihre offensive 3-5-2-Struktur, die bereits von vornherein sehr gut dafür geeignet ist. So kombinieren sie sich über den ganzen Platz, sobald sie dann in Tornähe kommen folgen allerlei Kreuzbewegungen und Läufer der Achter und Flügelspieler. Hoffenheim versteht es meisterhaft Spieler aus ihren Positionen zu ziehen und Räume zu überladen. Während sie im ersten und zweiten Drittel gerne ruhig agieren spielen sie im letzten Drittel extrem schnell und bringen durch ihre andauernden Läufe, hinter die Abwehr und in die gegnerische Formation, die Ordnung der Verteidiger völlig durcheinander. So öffnen sie Räume, die sie dann, dank ihrer enormen Eingespieltheit, sehr zielsicher mit Pässen oder Dribblings bespielen. Der Ein-Kontakt-Fußball den sie dabei zeigen ist teilweise wunderschön anzusehen. Besonders hervorheben möchte ich auch, dass sie dabei immer ihre Verbindungen nach hinten im Blick haben. Wenn ein Angriff nicht so erfolgreich verläuft können sie dadurch immer nach hinten spielen und haben dann auch noch meist die Möglichkeit gleich ins Zentrum zu spielen und sofort aus neuer Position zum nächsten Offensivspielzug anzusetzen. Dagegen kompakt zu bleiben erfordert sehr hohe Disziplin, Spielintelligenz und Laufbereitschaft.
In dieser exemplarischen Szenengrafik kann Demirbay den zurückgefallenen Terrazzino hinter Goretzka anspielen (Linie 1 schwarz), um dann sofort zum Lauf hinter die Abwehr anzusetzen (Linie 2 rot). Terrazzino leitet selbst sofort auf Zuber weiter (Linie 3 schwarz) und da er Demirbays Lauf sieht, orientiert er sich nach hinten um Zuber eine Passoption anzubieten (Linie 4 rot). Der hat jetzt die Wahl entweder direkt auf Demirbay zu passen (Linie 5 schwarz), oder den durch Demirbays Lauf geöffneten Raum für ein Dribbling zu nutzen (Linie 6 blau). Sollte Schalke jedoch so verschieben, dass ihm beide Optionen genommen sind, kann er über den jetzt noch weiter zurückgefallenen Terrazzino auch einfach wieder ins Zentrum verlagern. Entscheidend für den Erfolg dieser Spielweise ist nicht nur, dass sich die Hoffenheimer Spieler viel bewegen, sondern auch, dass ihre Bewegungen sehr gut aufeinander abgestimmt sind – es gibt kaum Szenen in denen Räume über- bzw. unterbesetzt sind. Die individuelle Klasse des Mittelfeldtrios ist im Übrigen sehr hoch und in den restlichen Mannschaftsteilen zumindest ordentlich. Fokussiert waren die Angriffe Hoffenheims besonders auf die linke Schalker Seite, auf der Zuber auch deutlich mehr Offensivrakt einbringen konnte als sein Pendant Bicakcic.
Wie sah nun die Schalker Abwehr gegen diese Kombinationsmaschinerie aus? Eigentlich gar nicht so schlecht. Besonders in der ersten Halbzeit gelang es den Blauweißen sich gegen die fortgesetzten Kombinationen immer wieder neu zu formieren und die Kompaktheit zumindest einigermaßen zu halten. Lobend hervorheben möchte ich in unserem Abwehrverbund besonders Höwedes, der intelligent herausrückte und viele wichtige Zweikämpfe gewann, und damit seiner Kapitänsrolle heute wirklich gerecht wurde. Auch ließ sich Schalke keineswegs immer schnell nach hinten drücken, vielmehr sah man häufig auch Pressing in höheren Zonen durch die Stürmer und einen Achter (meist Goretzka), weswegen Hoffenheim über weite Strecken der ersten Halbzeit ihr Spiel nicht wirklich umsetzen konnte, sondern häufig zum langen Ball greifen musste. Tatsächlich würde ich sogar so weit gehen zu sagen, dass diese Defensivleistungen erneut stabil genug war, um Grundlage für einen Sieg zu sein. Teilweise wurde ja bemängelt, dass in den Zweikämpfen die letzte Konsequenz fehlte, doch das ist unabdingbar, wenn man andauernd über das Spielfeld gescheucht wird. Mit einer Weltklasseleistung ohne Ball hätte man Hoffenheim vielleicht konstanter aus dem Zentrum raushalten können, doch de facto sind die Kraichgauer die erste Mannschaft seit Langem, die gegen Schalke die zentralen Räume nutzen konnten. Hier den Grund für das Unentschieden zu suchen erscheint mir verfehlt. Viel größere Probleme gab es im Spiel mit Ball.
Schalker Überladungen und Schalker Loch
Lasst uns mit dem 1:0 beginnen, ein Tor, das genau die Stärken nutzt, über die Schalke in der Rückrunde Torgefahr entwickelte.
Der dargestellten Situation geht ein sehr starker Pass des zurückgefallenen Bentalebs voraus. Caliguri kann diesen verarbeiten und nach einem kurzen Dribbling legt er (schwarzer Strich) auf den vorderlaufenden (roter Strich) Kolasinac auf. Der Raum, in den jener sprintet, wurde durch Burgstallers und Caliguris Rausrücken auf den Flügel geöffnet. Ersterer orientiert sich nun wieder ins Zentrum und auch Goretzka und Schöpf starten in Richtung Strafraum (rote Striche). Anschließend bedient Kolasinac Burgstaller mit einem schönen Lupfer und der kann den Ball in den Rückraum spielen, wo Schöpf einnetzt. Durch konsequente Überladungen, konsequente Nachrücken, Tempo und gute Bewegungen kreiert Schalke Optionen, die schnell bespielt werden können. Das sind alles ähnliche Elemente wie beim Hoffenheimer Offensivspiel. Es gibt gute Bewegungen, raumöffnende Läufe, Läufe hinter die Linie und eine gute Besetzung des Strafraums und diese sind gut aufeinander abgestimmt und werden auch gut genutzt. Doch es fehlen die Verbindungen über den Zehnerraum: Angriffe können eigentlich nur schnell durchgedrückt werden. Was sich bei Schalke verbessert hat (Link zu Hertha gegen Schalke) ist, dass Spielzüge nun häufiger abgebrochen und von hinten neu aufgebaut werden, doch dabei zieht man sich wieder in den Achterraum zurück, und setzt dann zu einem neuen Angriff an und der Gegner kann sich wieder formieren. Könnte man über den Zehnerraum wirklich gute Verbindungen herstellen, dann könnte man die gegnerische Formation unter Druck halten und den Abwehrspielern die Chance nehmen sich wieder zu ordnen, was die Chance Lücken zu öffnen massiv erhöht. Eine Aufgabe, die Caliguri und Burgstaller nicht erbringen können, oder um mich selbst zu zitieren: „Somit kann dieses Duo durchaus Torgefahr erzeugen, doch leider können die beiden nicht wirklich viel zum Kombinationsspiel im Mittelfeld beitragen. Caliguri kann gute Pässe spielen, aber langfristiges kombinieren ist nicht seine Stärke und Burgstaller kann mal am Flügel einen Pass spielen, aber zur Spielkontrolle im letzten Drittel trägt er auch nicht viel bei.“
Doch gegen die Hertha und auch gegen Köln war man mit dieser Spielweise ja dennoch recht gefährlich, was war gegen Hoffenheim also anders? Ich würde es sagen, es gab drei Unterschiede:
– Hoffenheims Gegenpressing verhinderte Schalker Konter
– Hoffenheim drängte Schalke aus dem Achterraum
– Hoffenheim setzte die Schalker im letzten Drittel sofort massiv unter Druck
Dadurch, dass über Benatleb das Mittelfeld sehr schnell überspielt werden kann, und die Schalker Spielzüge im letzten Drittel wesentlich Schnellangriffe sind, wurde Schalke in dieser Rückrunde bis jetzt auch sehr häufig über Konter gefährlich. Eigentlich hätte man das auch gegen Hoffenheim sehen müssen. Schließlich waren die durch den Rückstand ja gezwungen, offensiv zu spielen und hatten in der ersten Halbzeit auch eine eindeutige Ballbesitzüberlegenheit. Doch die TSG ließ sich nicht so wirklich auskontern. Ihr Gegenpressing war sehr aggressiv, sie konnten den Ball häufig zurückerobern, oder Schalke zumindest aus dem Zentrum rausdrängen. Dabei half ihnen nicht nur das starke Umschalten auf das Spiel ohne Ball, sondern auch ihre Staffelungen im Ballbesitz. Wenn man immer darauf achtet, das Zentrum zu besetzten und Anspielstationen nach hinten zu haben, dann ist an auch für den Ballverlust gut abgesichert. Übrigens auch eine der wesentlichen Stärken Deutschlands bei der WM 2014.
Auch im eigenen Pressing war Hoffenheim, ähnlich wie Schalke, darauf bedacht ihren Gegner aus dem Zentrum rauszuhalten, die Königsblauen machten es ihnen aber auch leichter, weswegen Hoffenheim nicht nur den Schalker Zehnerrraum sondern auch den Schalker Achterraum weitestgehend kontrollieren konnte. Versuchten sie Angriffspressing, so konnte Schalke das über die starken Bentaleb und Stambouli, über den sehr bemüht mitspielenden Fährmann und die spielstarken Innenverteidiger, die Halbverteidiger stellten sehr konsequent Breite her und Nastasic tat sich durch weite Verlagerungen auf Höwedes hervor. Hier hat Schalke sich im Vergleich zu den letzten Wochen tatsächlich verbessert präsentiert. Doch wenn Hoffenheim stattdessen in ein hohes Mittelfeldpressing überging, also nicht mehr versuchte die Abwehr unter Druck zu setzen, konnten sie die Schalker meist zu den Seiten abdrängen. Bentaleb versuchte sehr häufig sich der gegnerischen Mittelfeldüberlegenheit zu entziehen, wodurch teilweise bizarre Stafflungen entstanden:
In dieser Szene hat Bentaleb den Ball und eigentlich auch Zeit und Raum, da die Stürmer ihm meist nur den Weg ins Zentrum versperrten, nur leider keinerlei interessanten Optionen. Wirklich sichere Pässe kann er nur auf Nastasic und Kolasianc spielen (schwarze Striche), die aber beide ebenfalls keine wirklich interessanten Fortsetzungsmöglichkeiten haben, Kolasinac kann außerdem sofort von Bicakcic und Amiri unter Druck gesetzt werden. Stambouli kann er zwar gut anspielen, doch der kann dann entweder eine komplizierte Drehung oder ein riskantes Dribbling versuchen, oder eben Nastasic anspielen. Das kann Bentaleb aber auch selber machen. Natürlich könnte Nastasic den Pass auf Caliguri versuchen. Doch auch der wird nur schwerlich eine Anschlussoption finden. Gleich vier Spieler können ihn von allen Seiten unter Druck setzen und Caliguri ist nicht der richtige Spielertyp um die Verbindung zu Goretzka herzustellen. Bentaleb selbst kann ihn wiederum nicht richtig unterstützen, da er sich ja zum Spielen des Passes so weit nach hinten fallen ließ.
Das Hauptproblem in dieser Szene ist ein riesiges Loch im Schalker Aufbauspiel (hellblauer Kreis). Bentaleb, Stambouli und die Schalker Abwehr positionieren sich hier außerhalb des gegnerischen Defensivverbundes. Goretzka, als einziger Spieler im Achterraum, steht auf der anderen Seite! Würde irgendjemand den Raum innerhalb des Kreises besetzen, so könnte Bentaleb einen Pass vor die Hoffenheimer Achter versuchen und vor allem gäbe es dann für Stambouli eine recht einfache und für den Gegner gefährliche Anschlussaktion. So spielt man sich um den Block herum, um dann beim Eindringen (Pass auf die Stürmer) erdrückt zu werden. Diese Kombination aus der Unfähigkeit Zentrumskontrolle herzustellen und der Unfähigkeit nach Pässen ins letzten Drittel Verbindungen herzustellen, durch hohen Hoffenheimer Druck und ungeeignete Spielertypen, machte Schalker Angriffe sehr rar.
Schalker Führungsverwaltung
In der zweiten Hälfte gab es von beiden Seiten gewisse taktische Umstellungen, vor allem ließ aber die Ganzheitlichkeit des Schalker Defensivspiels und die Konsequenz im offensiven Vorrücken nach. Ich möchte diese sperrige Worthülse mal etwas erklären und rechtfertigen. Zuerst wollte ich eigentlich nur schreiben, dass offensiv und defensiv die Intensität nachließ. Doch in Bezug auf das tiefe Mittelfeld- und Abwehrpressing stimmt das eigentlich gar nicht unbedingt. Schalke zeigte sich da eigentlich auch läuferisch genauso stark wie in der ersten Halbzeit. Vielmehr gingen unsere Jungs einfach viel seltener ins höhere oder Angriffspressing. Dadurch wurde man nicht wirklich weniger intensiv, denn man hielt ja weiterhin die Kompaktheit und ging auch häufiger in Tiefensprints, man bedrängte Hoffenheim nur nicht mehr über das ganze Spielfeld hinweg. Auch gab es nicht mehr so viele Läufe in die Tiefe bei eigenen Angriffen und Kontern – es schien als würde Schalke die Intensität rationieren, um einer Ermüdung Rechnung zu tragen, ohne aber die Stabilität in der Endverteidigung zu verlieren. Eigentlich ziemlich clever, aber dennoch ein Zeichen für Überspieltheit, das die Frage aufwirft, ob Weinzierl gegen Saloniki vielleicht zu wenig rotiert hat.
Bei Hoffenheim fiel taktisch zunächst auf, dass Wagner sich deutlich weniger im Abseits positionierte. Ob das eine bloße Folge der tieferen Schalker Stellung war, vielleicht sollte Wagner sich nur bei und/oder im Anschluss an hohes Schalker Pressing im Abseits positionieren, oder eine Umstellung, lässt sich schwer sagen, doch die bessere Einbindung Wagners war auf jeden Fall hilfreich für das Hoffenheimer Offensivspiel. Weit größere Veränderungen brachte jedoch die Einwechslung von Meyer mit sich.
Brotlose Schalker Dominanz
In der 57. wechselte Weinzierl Max Meyer für Caliguri ein. Es folgte eine zehnminütige Schalker Offensive in deren Verlauf beide Seiten keine einzige Torchance kreieren konnten. Was geschah auf taktischer Ebene? Zunächst füllte Meyer das vorhin besprochene Loch im Schalker Aufbauspiel. Aus seiner Position als zweiter Spitze ging er sehr häufig in den freien linken Achterrraum und konnte von dort das Spiel nach vorne treiben. Wenn Hoffenheim es dennoch schaffte die Schalker unter Druck zu setzen, so schaltete sich Meyer teils sogar im Sechserraum ein und half dabei Szenen konstruktiv über die Innenverteidiger aufzulösen. Wurde er wiederum in höherer Position von Bentaleb angespielt, so gelang es ihm häufig den Ball so lange zu halten, bis sich ihm Optionen boten, entweder irgendwie den Ball hinter die Linie zu spielen oder die nachrückenden Spieler einzubinden. Die Schalker Dominanz und die Leichtigkeit mit der das Mittelfeld überspielt wurde waren sehr beeindruckend und Meyer zeigte mehr Weiträumigkeit im Passpiel als früher. Dennoch kam kein einziger Torschuss zustande.
Das Hauptproblem lag daran, dass Schalke nun zu wenig Präsenz gegen die letzte Hoffenheimer Linie entwickelte. Dadurch, dass Meyer sich eigentlich immer ins Mittelfeld bewegte, verblieben in der letzten Linie nur noch Burgstaller und die Außen Schöpf und Kolasinac. Teilweise schaltete sich noch Goretzka vorne ein, doch entsprechend des sparsameren Spielstils in der zweiten Hälfte, nicht in ausreichendem Maße, um Meyers Fehlen auszugleichen. Während Schalke zuvor im ersten Drittel viele Spieler hatte, aber fehlende Verbindungen im zweiten Drittel, so hatten sie nun bis in den Zehnerraum gute Präsenz, aber nicht mehr in Strafraumnähe – in gewisser Weise wurde das „Schalker Loch“ nur nach vorne verschoben. Vielleicht hätte ein anderer Stürmer auch noch mehr aus den sich ergebenden Situationen herausholen können. Burgstaller ist kein Spieler, der über seine technische Klasse kommt, ein Embolo hätte eventuell mehr Gefahr entwickeln können. Burgstaller ist in erster Linie neben einem anderen Stürmer gut, als laufstarker, spielintelligenter Unterstützer, der die gegnerische Abwehr aufreibt und für seine Mitspieler Räume aufreißt und Läufe macht. Er ist ein absoluter Malocher, weswegen es auch wunderschön ist, dass er bis jetzt so gut auf Schalke einschlug, aber als alleinige Spitze bei einem Top-Team ist er nicht stark genug. Und um gegen Hoffenheim zu bestehen, muss man in dieser Saison als Top-Team agieren.
Trotz dieser fehlenden Durchschlagskraft trug die Meyer-Einwechslung zunächst dazu bei, das Spiel zu beruhigen, wohingegen am Anfang der ersten Halbzeit noch Hoffenheim am Drücker war. Alles in allem zeigte Meyers Auftritt, was er im Schalker System leisten kann, wieso er vielleicht sogar gebraucht wird, aber auch, dass bis jetzt noch keine optimale Rolle für ihn gefunden wurde.
Schlussoffensiven
In der 63. brachte Nagelsmann dann noch Szalai für Amiri und dann sogar noch Kramaric für Terrazino, stellte also auf einen deutlich rustikaleren Fußball mit mehr Flanken und hohen Bällen um. Auf diese Weise umging Hoffenheim ein bisschen das Mittelfeldduell mit Schalke, die dieses aber auch nicht konsequent genug fokussierten. Nie konnte Hoffenheim die Dominanz entwickeln, die Schalke zum Beispiel gegen Hertha zeigte, doch bis auf die Anfangsphase (da aber eigentlich nur wegen dem 1:0) und die Zeit nach der Meyer-Einwechslung, waren sie immer leicht überlegen. Das 1:0 erzielte Hoffenheim mehr oder weniger durch pure Power. In der gesamten Szene wurde aber auch sichtbar, dass den Schalkern inzwischen wirklich die Intensität abging. Vogt hätte nicht auf die Weise unbedrängt bleiben und Zuber nicht so aus den Augen verloren werden dürfen. Fährmann war dann gegen Rudy chancenlos. Ein krass defensiv mitspielender Torwart hätte den Pass eventuell abgefangen (der Kommentator hätte ihn vermutlich für die „sinnlos gefährliche Aktion“ kritisiert). Doch, dass man derlei Aktionen von Fährmann nicht erwarten kann, solle klar sein und ändert aus meiner Sicht auch wenig an seinem Status als sehr gutem Torwart.
Später wurde noch Choupo-Moting eingewechselt und zeigte, dass er der Anti-Burgstaller, indem er dank Technik und Raumgefühl Durchschlagkraft andeutete, diese aber nicht optimal mannschaftsdienstlich nutzte. Insgesamt kam die Schalker Schlussoffensive nicht über (teils bedrohliche) Andeutungen von Torgefahr hinaus, konnte jedoch auch nicht völlig von Hoffenheim verhindert werden.
Fazit
Mein Kollege Karsten schrieb auf twitter, dass „jetzt die Zeit für #Schalke anbricht, in der gepunktet werden kann.“ Damit hat er nicht ganz unrecht. Von den acht anderen starken Mannschaften der Liga hat Schalke jetzt gegen fünf gespielt, mit Gladbach wartet die sechste. Danach könnte die Aufholjagd starten auf die wir seit dem ersten Spieltag warten. Es gibt viele positive Anzeichen und dieses Spiel ändert, trotz gewisser Ernüchterungen, daran wenig.
Es wird spannend zu sehen wie Weinzierl im weiteren Verlauf der Rückrunde die Mannschaft weiterentwickelt und insbesondere wie er Meyer und die nach und nach zurückkehrenden Huntelaar, Embolo und Coke einbindet. Es gibt viele Möglichkeiten, die ein bisschen nach einem eigenen Artikel schreien. Hier sei nur gesagt, dass Bentalebs immer konstanteres Ausweichen in die Sechserräume nahelegt ihn auf ebenjene Position zu ziehen und den linken Achterraum mit Max Meyer zu füllen. Vor einer Dreierkette wäre Bentaleb besser abgesichert als noch in der Hinrunde vor einer Viererkette und Meyer könnte seine verbindenden Qualitäten einbringen ohne, dass die Präsenz vorne leiden muss. In di Matteos Systems wirkte Meyer teilweise noch zu defensivschwach für die Achterposition, doch er hat sich in dem Bereich seitdem verbessert und in Weinzierls System ist die Achterrolle auch weniger absichernd. Auf lange Sicht muss Schalke Meyer integrieren, besonders gegen die mittelstarken Gegner in der Bundesliga, doch gegen Bayern und auch in den drei anstehenden Spielen gegen Gladbach, die vermutlich gegen Schalke den Kampf um die Spielkontrolle auch ohne Meyer verlieren werden und gegen die Stambouli sehr wichtig sein könnte, ist es vermutlich die weisere Entscheidung auf das momentan etablierte Mittelfeldtrio zu setzen. Bestreitet man diese vier Spiele ordentlich, so könnte die Saison 16/17 immer noch eine Gute werden.
Vielen Dank für die ausführliche Analyse.
Ich bin sehr auf die weitere Entwicklung der Mannschaft gespannt.
Gruß, Jörg
Danke für die ausführliche Analyse!
Konnte das Spiel live im Stadion beobachten und stimme dir eigentlich in allen Punkten zu. Gerade was die mangelnde Intensität in der zweiten Häfte betrifft. Mich hat bereits am Mittwoch die geringe Rotation verwundert, wäre diese doch gerade aufgrund des Hinspielergebnisses möglich gewesen. Es ist natürlich absolut nachvollziehbar, dass Weinzierl an der (endlich) gefunden Struktur und Stabilität festhalten möchte, allerdings stehen in den nächsten Wochen besonders viele und harte Spiele an, sodass eine größere Rotation wohl unumgänglich wird. Wie stehst du zu dem Thema?
Des weiteren interessiert mich deine Meinung zu den beiden gezogenen Kaufoptionen. Während es bei Bentaleb wohl keine zwei Meinungen geben kann, hege ich bei der Verpflichtung von Kono doch große Zweifel. Vor allem weil seine Position im aktuellen System garnicht existiert, aber auch schlicht aufgrund der Ablösesumme
Zum Thema Rotation: ich persönlich habe auch das Gefühl, dass Rotation bei Schalke im Moment zu wenig betrieben wird. Gleichzeitig ist es für Weinzierl gerade aber auch unglaublich schwer zu entscheiden, in welchem Spiel er mal eher eine B-Elf auf den Rasen schickt. De facto ist gerade jedes Spiel wichtig. In der Liga müssen wir die Minimalchance auf die El wahren (und auch verhindern, dass wir am Ende noch in den Abstiegskampf rutschen) und die beiden Pokal-Wettbewerbe sind die einzige Möglichkeit diese Saison noch mit einm Titel abzuschließen und momentan fast die größere Hoffnung nächste Saison international zu spielen. Dadurch ist gerade jedes Spiel ein gefühltes Entscheidungsspiel.
Dennoch hoffe ich, dass gerade Kehrer und Avdijaj mehr reinrotiert werden. Schafft man es Meyer in die erste Elf einzubinden, dann wird ja auch noch jemand frei, der dann reinrotieren darf.
Zu Bentaleb hast du ja schon alles gesagt. Bei Konoplyanka bin ich mir nicht sicher. Er hat definitiv eine hohe Qualität, aber welche Rolle er einnehmen soll ist im Moment fraglich, wobei er in der Stürmerrolle im 5-3-2 momentan gar nicht so schlecht wäre. Wenn man aber nächste Saison wieder auf ein Spielsystem mit klassischeren Wingern umstellt, dann könnte es sich wieder lohnen ihn zu holen. WIe hoch ist denn die KO? Ich erinne mich etwas von 16 Millionen gehört zu haben. Das wäre mir zu hoch.
Ich hoffe auch, dass vor allem die jungen Kehrer und Avdijaj wieder etwas mehr Minuten bekommen. Und gehe aufgrund der notwendigen Rotation und leider auch der Naldo Verletzung davon aus, dass dem auch so sein wird. Außerdem dürfte vorne dank Choupo’s und Huntelars Wiedergenesung, sowie Meyers aufsteigender Form wieder Schwung rein kommen.
Wobei ich allerdings für Geis momentan noch schlechtere Chancen auf Minuten sehe, als für Aogo oder Kono. Nicht nur, dass es aktuell wenig ins Spielsystem mit der 3er Kette passt, welche sein zurückfallen obsolet macht. Er ist wenig flexibel einsetzbar und einfach kein Einwechselspieler.
Ich meine auch etwas um die 15 Millionen gehört zu haben und hatte es leider für realistisch, da der Preis wohl vor der Leihe vereinbart wurde.
Erst einmal herzlich willkommen bei der Halbfeldflanke! Ich wollte mich schon zu Deiner tollen Analyse zum Hertha Spiel äußern, Du schreibst aber so viel, dass man erst ganz viel lesen und dann ganz viel nachdenken muss, um einigermaßen sachgerecht kommentieren zu können. Vielleicht das als kleine Gefahr: Du schreibst durchaus lesbar, aber vielleicht könntest du bei Deinen Artikeln etwas die Vollständigkeit opfern, und nur ganz wenige Aspekte in der Tiefe beleuchten, wie Du es machst. Auf diese Weise fällt der Dialog im Kommentarbereich leichter.
Zur Sache: Ich war auch extrem beeindruckt von den Hoffenheimern, von ihrer beweglichen, sauberen, geduldigen und das vordere Pressing umspielenden Zirkulation. Ein typischer Aufbau war die Zirkulation auf einer Seite bis sich der gesamte Schalker Defensivblock dahin verschoben hatte, und dann die saubere Verlagerung über eine oder zwei Stationen auf die freie anderer Seite. Das hätte ich von Mechanismus her doch gerne besser verstanden.
Auffallend war, dass Hoffenheim Schalke im Verlaufe des Spiels so weich gespielt hat, dass die Lücken zwischen der vorderen Zweierreihe und dem Sechser Achter-Verbund zunehmend größer wurden, was natürlich effektives Pressing unmöglich macht.
Kurios ist dann, dass das Gegentor aus einem Konter der Ballbesitz Mannschaft gefallen ist. Da war Schalke in der Rückwärtsbewegung insofern unsortiert, als das 5 Schalker sich nicht darauf einigen konnten, wer den Passgeber unter Druck setzt und wer den Passempfänger konsequent hinterherläuft.
Zu Meyer: Wie gut er dem Spiel getan hat, war offensichtlich. Seine Schwäche ist nach wie vor die körperliche Robustheit, Er gewinnt einfach keinen Zweikampf und stellt damit eine echte Gefahr für das ansonsten sehr körperliche Spiel bei Weinzierl dar.
Hallo ES,
Vielen Dank für das Lob aber auch für den Kritikpunkt! Diese Analyse ist von der Menge her definitiv ziemlich nah am oberen Limit von dem, was ich schreiben möchte. Ich werde ab jetzt versuchen meine Analysen bei 2.000 Wörtern zu halten – hier wurden es glaube ich 3.000.
Zu Meyer: die Defensivzweikämpfe sind ein Punkt, mit dem du leider Recht hast. Anlaufverhalten und Stelllungsspiel sind wirklich besser, aber wenn er in einen richtigen Zweikampf muss, wird es schon schwierig bei ihm. So ein Element, dass man mit dem Tunnelblick auf das taktische Verhalten auch mal ein bisschen aus den Augen verliert 🙂
@ Es
Nur kurz wegen Mayer.
Ich denke, dass er defensiv keine Zweikämpfe gewinnt.
Offensiv würde er Zweikämpfe gewinnen, aber anders als unter Keller, ist wohl die Ballsicherung für Weinzier wichtiger. Es soll sicher gar keine Dribblings außerhalb des Strafraums wagen.
@ Elias
Vielen Dank für Deine Arbeit! Mir hat Dein ausführlicher Bericht mit den ausführlichen Erklärungen sehr geholfen, das Spiel im Nachhinein noch besser zu vestehen.
Direkt nach dem Spiel auf dem Nachhauseweg war ich doch etwas frustriert.
Wie seht ihr eigentlich Fährmann dieses Jahr?
Er muss dem Team, anders als noch im Breitenreiter Jahr, nicht mehr in aller Regelmäßigkeit den Arsch retten, was ja vor allem an der großen defensiven Stabilität seit der Systemumstellung liegt. Zeigt sich in den klassischen Torwartdisziplinen gewohnt souverän; worauf ich eigentlich hinaus möchte ist jedoch die deutliche Verbesserung im Spiel mit dem Ball am Fuß. Konnte man im letzten Jahr noch davon ausgehen, dass der Ball bei geringstem Gegnerdruck lang (auf Choupo), nimmt er in diesem Jahr besser an der Ballzirkulation teil. Wenn auch zumeist nur als sichere Rückpassoption.
Auffällig ist auch wie er von Beging an von einem teils genervten Bentaleb und inzwischen auch von Spieler wie Stambouli, Höwedes und Badstuber dazu angehalten wird den Ball nicht nur weg zu schlagen.
Fährmann verbessert sich durchaus von Spiel zu Spiel. Wenn man am Anfang der Saison keinen fussballerisch schlechteren Stammtorhüter in der BL finden konnte (Weidenfeller war ja nicht mehr Stamm beim BVB), hat sich Fährmann an das Mittelfeld herangerobbt. Wenn man Baumann gesehen hat, weiß man wo die Luft nach oben ist. Wo Fährmanns Talentgrenze ist unter welchem Druck, ist schwer einzuschätzen. Aktuell bin ich ganz optimistisch, dass da noch Einiges mehr geht. Wichtig wird sein, dass das Publikum Fehler toleriert und Risiko-Entscheidungen belohnt werden, auch wenn sie mal daneben gehen.
Schöne Analyse, wenn auch -wie bereits gesagt- sehr ausführlich. Aber wenn man sich Zeit nimmt lohnt sich das Lesen allemal.
Ich möchte gerne mal das Thema Badstuber ansprechen. Ich finde seine Übersicht und Spieleröffnung tut Schalke wirklich sehr gut. Da fallen Höwedes und auch Nastasic, den ich gegen Frankfurt in dieser Hinsicht unterirdisch fand, doch einigermaßen ab. Durch Naldos Ausfall ist seine Verpflichtung noch wichtiger geworden. Wie siéht ihr das? Und gäbe es überhaupt eine realistische Option auf seinen Verbleib über die Saison hinaus? Immerhin kommt bei Bayern Boateng zurück und dazu wurde Süle geholt.
Badstuber spielt sehr gut bei Schalke, aber noch nicht auf seinem früheren Niveau. Vielleicht gibt es tatsächlich die Möglichkeit ihn zu halten, wenn Bayern dann mit Martinez, Hummels, Boateng und Süle in die neue Saison geht. Kommt auch darauf an, wie Martinez 2017/18 eingeplant wird und ob man sich vielleicht eher noch einen weiteren jüngeren Innenverteidiger mit mehr Zukunftsperspektive besorgt.
Badstubers Aufbau finde ich besser, als den von Nastasic und Höwedes und eigentlich auch von jedem anderen Innenverteidiger der Liga bis auf Hummels. Ich würde behaupten, dass Nastasic gegen Frankfurt die schlechteste Spielaufbau-Leistung seiner Karriere zeigte. An sich finde ich ihn da sehr gut. Besonders Highlight war gegen Real Madrid, würde er so ne Leistung regelmäßig abrufen, wäre er mindestens in der Top 5, was Spielaufbau bei Innenverteidigern betrifft. Prinzipiell haben wir aber eine Innenverteidigung mit der man Ballbesitzfußball spielen kann.
@ Voice
Ich hoffe dass Badstuber heute Abend wieder so stark auftritt wie gegen Hoffenheim. Seine Spielübersicht ist wirklich extrem gut, man erkennt das aber meiner Meinung nach nur im Stadion. Ob er über die Saison hinaus bleibt, kann wohl zur Zeit niemand beantworten.