Der Halbfeldflanke & Friends Adventskalender 2020 zu unseren Lieblings-Schalkern. Heute Gerald Asamoah von Markus Peick.

Gerald Asamoah? Warum ausgerechnet „Asa“? Und das als „All-Time-Favorite“? Zugegeben, spielerisch war er nie ein Messi oder ein Ronaldo. Aber er ist nett, lacht viel – und engagiert sich noch dort für Rassismus, wo andere schweigen. Auch beim S04.

Ich erinnere mich da gerne an ein Interview mit ihm zurück. Wie immer, wenn das Schalker Fan-Magazin „SCHALKE UNSER“ Interviews mit Spielern führte, fand dies im Restaurant „Ess Null Vier“ oberhalb des Parkstadions statt. So konnten die Spieler nach dem Training sich direkt unseren Fragen stellen.

Manchmal dauerte das länger, aber Asa fand sich pünktlich ein. Und wir Interviewer kamen oft in den Genuss seines breiten, sympathischen und von Herzen kommenden Lachens. Natürlich war Rassismus ein Thema, wenn auch bei weitem nicht das einzige.

Er setzt sich nicht für sich selbst gegen Rassismus ein, auch wenn ihn natürlich seine Erfahrungen geprägt haben, wie er damals erzählte: „Jetzt ist das eigentlich kein Problem mehr, denn die Leute erkennen mich ja.“

Doch er könne sich gut in die Lage derer versetzen, die nicht so bekannt seien, wie er damals berichtete: „Ich hatte das Erlebnis, dass ich in Hannover war und in eine Diskothek wollte. Mir wurde erklärt, dass sie nur für Stammgäste sei. Ich entgegnete, wie ich denn Stammgast werden kann, wenn ich nicht einmal hineingehen darf. Als ich dann wegging, kam der Türsteher plötzlich hinter mir hergerannt: ‚Herr Asamoah, tut mir leid, natürlich dürfen Sie da rein.‘ Ich habe ihm erklärt, dass es nicht um mich persönlich geht, sondern um die Situation, dass Farbige da wohl nicht rein dürften. Und dass ich jetzt nicht mehr rein will.“ (aus SCHALKE UNSER Nr. 53, Februar 2007)

Kurz nach diesem Interview soll Roman Weidenfeller ihn im Derby „schwarzes Schwein“ beschimpft haben. Weidenfeller redete sich damit raus, er habe ihn nicht „schwarz“, sondern „schwules Schwein“ genannt – Homophobie statt Rassismus.

Ob mit Hannover in Cottbus oder bei der deutschen Nationalmannschaft habe Asa „sehr viel einstecken“ müssen: „Ich war der erste Schwarze, der für Deutschland gespielt hat. Ich habe Briefe nach Hause bekommen. Es gab Leute, die richtig gegen mich waren – gegen die bin ich vor Gericht gegangen.“

Hart ins Gericht ging er auch mit Clemens Tönnies wegen dessen unglückseliger Aussage über Afrika und seine Einwohner. Während Vorstand, Aufsichtsrat und 80 Prozent des Ehrenrats sich beeilten, dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden ein Leumundszeugnis zu geben („Menschenumarmer“), fand von all den Angestellten des Vereins nur einer klare Worte: Asa. „Ich habe ihm klar gesagt, was ich davon halte. Ich war wütend. Wie kann man sowas raushauen?“, schilderte er öffentlich. „Das können wir nicht dulden.“ Auch wenn er ihm, gläubiger Christ, der er ist, dann verzieh: „Er sollte merken, dass er was Falsches getan hat. Das hat er mir dann bestätigt.“

Als aktiver Fußballer spielte er lange auf Schalke. Auch wenn er zwischendurch auch woanders spielte – er wird vor allem mit Schalke in Verbindung gebracht. Dort gewann der 2001 und 2002 den DFB- und 2005 den Ligapokal. Er brachte es auf Schalke auf 63 internationale Einsätze – Rekord bei S04. Dabei schoss er acht Tore. Später wechselte Asa kurz, kehrte dann aber zur Amateurmannschaft zurück.

An seinem sozialen Engagement hält er bis heute fest: Er hat die „Gerald-Asamoah-Stiftung für herzkranke Kinder“ gegründet. Beinahe hätte er wegen eines Herzfehlers seine Karriere beenden müssen. Für Schlagzeilen sorgte seinerzeit, dass bei jedem seiner Spiele ein Defibrillator bereitstand. Heute ist es eigentlich keiner Erwähnung mehr wert, denn jeder Sportverein muss einen besitzen.

Asa unterstützt außerdem die Hilfswerke „ora Kinderhilfe“ und „World Vision“. Er ist Unesco-Botschafter für das Programm „Bildung für Kinder in Not“.

Übrigens ist Gerald Asamoah der einzige der Spieler in den vielen Interviews, der darauf bestanden hat, unsere Getränke – zwei Kaffee – zu bezahlen. Dass wir das selbst könnten, wischte er weg. Überhaupt danach zu fragen oder das zu wollen, war keinem der vielen Spieler eingefallen. Natürlich geht es mir nicht um einen Kaffee – ich habe in meinem Leben genügend Getränke selbst bezahlt. Aber dass er der Einzige war und ist, der überhaupt auf die Idee gekommen ist, sagt auch etwas über ihn aus. Für ihn war es einfach selbstverständlich: „Ich habe hier einen Deckel.“

Adventskalender 2020:
Lieblings-Schalker von Halbfeldflanke & Friends.

Geschrieben von Markus Peick

Markus, Jahrgang 1971, ist Autor des Schalke-Krimis „Blutige Karten“, erschienen im Gardez-Verlag. Er ist seit Jahrzehnten Schalke-Fan und Mitglied des Vereins. Seine Stehplatz-Dauerkarte hat er noch zu Parkstadion-Zeiten gekauft. Er ist das, was früher „Allesfahrer“ genannt wurde: Er fährt zu jedem Pflichtspiel seiner Mannschaft, selbst zu einem Geisterspiel nach Griechenland oder ins russische Krasnodar. Darüber hinaus engagiert sich Markus Peick seit langem als Autor für das Schalker Fanzine SCHALKE UNSER. Seine Kommentare zu Vereins- und Weltpolitik findet Ihr auf Twitter (@Msorghum).

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