Der Halbfeldflanke & Friends Adventskalender 2020 zu unseren Lieblings-Schalkern. Heute mit Horst Heldt von Elmar Redemann.
Auf jemanden, der nur 1,69 Meter groß ist, lässt sich offenbar leichter herabschauen als zu ihm hinauf. So war es auch im Klagenfurter Stadion gewesen, als mir Horst Heldt von Spielfeldrand zuwinkte und ich von der deutlich höher gelegenen Pressetribüne – irgendwie ein bisschen peinlich berührt – zurück. Aber auch im übertragenen Sinne, das musste ich später zugeben, hatte Horst Heldt bei mir keinen leichten Stand.
Nun im Trainingslager in Kärnten aber hatten wir uns „vertragen“, wenn es man es so sagen will. Ein großes Interview mit dem Sportvorstand war für mich als mitgereistem Schalke-Reporter obligatorisch. Das Gespräch war gar nicht mal weltbewegend gewesen, aber nach dem offiziellen Teil quatschen wir im Schlossgarten am Wörthersee noch etwas weiter.
„Was haben ich ihnen eigentlich getan“, fragte Heldt mich sinngemäß und ich drohte ins Stammeln zu geraten, zitierte dann jedoch aus den zahlreichen Kommentaren, die ich ihm in den Monaten zuvor um die Ohren gehauen hatte. „Konzeptlosigkeit, mangelnde Philosophie, durchwachsene Transferbilanz, fehlende Handschrift“ – das waren so ungefähr meine Kritikpunkte.
Er hingegen hatte auch schon mal ein anerkennendes Nicken für mich übrig, wenn ich in kleiner Presserunde damit glänzte, dass ich über die noch zu erwartende Ausfallzeit der Rekonvaleszenten recht gut informiert war („Höwedes und Nastasic trainieren wieder individuell. Noch drei Wochen – oder wann sind die wieder fit?“).
Trotzdem: Heldt, das war für mich der Inbegriff der Mittelmäßigkeit auf dem Managerposten und die Verkörperung der Schulnote 3-. Dass ich ihn so beurteilte, schien Heldt mehr zu verwundern als zu ärgern.
Ich hatte auf der anderen Seite das Gefühl, dass man mit dem S04-Manager ruhig hart ins Gericht gehen durfte – und überkompensierte mit besonders scharfer Kritik an Team und Verantwortlichen wohl auch ein bisschen meine ausgeprägte Sympathie für Königsblau.
Die Frage, ob auch Heldt ein königsblaues Herz besitzt, wurde am 14. Mai 2016 in Sinsheim endgültig und eindrucksvoll beantwortet. Das letzte Spiel der Saison war auch das letzte für Heldt als Schalke-Sportvorstand gewesen und nach dem – ganz und gar nicht mittelmäßigen – 4:1-Auswärtssieg der Knappen, war er gemeinsam mit Trainer André Breitenreiter (welcher pikanterweise unmittelbar vor dem Spiel von seiner Entlassung erfahren hatte) vor den Gästeblock getreten, um sich von den Fans zu verabschieden.
„Hooohorst Heeeheldt!“-Sprechchöre der nach Hoffenheim mitgereisten Schalker verfehlten ihre Wirkung nicht. „Breite“ bekam feuchte Augen, aber vor allem der Rheinländer Heldt heulte wie ein Schlosshund, klopfte sich abwechselnd auf das Herz oder applaudierte den Anhängern.
Das ist aus einem Grund besonders bemerkenswert, denn seinerzeit war Heldt schon etwa ein halbes Jahr lang war eine „Lame Duck“ gewesen. „Heidel ante portas“ hieß es damals, Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hatte offenbar sämtliche meiner Heldt-kritischen Kommentare gelesen und sich für den „Macher aus Mainz“ entschieden. Dass es unter diesem nicht besser wurde, wissen wir heute. Dankbarkeit oder zumindest Respekt hatte Horst Heldt sich aber schon verdient, bevor Heidel oder Schneider auf Schalke rumwurschteln durften – und Heldt damit plötzlich in einem deutlich besseren Licht dastehen ließen.
„Hotte“ war beliebt. „Ein richtig feiner Kerl, menschlich top“ – so lauteten die Kommentare von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, als Heldt gehen musste. Ich selbst wäre trotzdem nicht auf die Idee gekommen, Horst Heldt ein Abschiedsgeschenk zu überreichen. Der „Fenster-Renter“ Otto Redenkämper aber hatte genau das im Sinn, wollte Heldt zum Schluss seiner sechsjährigen Amtszeit sein Buch „Dat Leben is kein Trallafitti“ zukommen lassen. Nur wie?
Ich freute mich, helfen zu können. Ich hatte noch ein unbelesenes Exemplar zu Hause, das ich Heldt im Anschluss an seine Abschieds-Pressekonferenz – die in familiärer, ja fast herzlicher Atmosphäre stattfand – übergab.
S04-Medienchef Thomas Spiegel machte das Beweisfoto (über welches sich der Fenster-Renter tierisch freute) und gut gelaunt hörte Heldt mir zu, was es mit der Aktion auf sich hatte. Es war so etwas wie seine letzte Amtshandlung auf Schalke; wir winkten uns noch einmal zu, als er sich auf den Weg machte.
Adventskalender 2020:
Lieblings-Schalker von Halbfeldflanke & Friends.
Geschrieben von Elmar Redemann
Elmar interessiert sich so richtig seit dem Mai 1991 und dem damals bevorstehenden Wiederaufstieg in die Bundesliga für Schalke 04. 15 bis 25 Jahre später arbeitete er sich beim RevierSport vom Kreisliga- zum Schalke-Reporter hoch, heute koordiniert bei der Westfalenpost den Lokalsport. Folgen kann man ihm bei Twitter (@ERedemann) und Instagram (@elmarredemann).
Wie sagt man so schön? Hinterher ist man immer schlauer. Rückblickend betrachtet, hätten wir statt danach mit Heidel und Co auch einfach mit Hotte weitermachen können. Schlechter wäre es vermutlich nicht geworden. Aber ja, auch ich habe Hotte vermutlich immer etwas negativer gesehen, als er vielleicht tatsächlich gearbeitet hat.
Naja, lässt sich ja jetzt eh nicht mehr ändern. Töfter Text auf alle Fälle, Elmar! 🙂