Der Schalker Chef-Coach Jens Keller wird oft kritisiert. Immer wieder wird ihm dabei vorgeworfen, dass „keine Handschrift erkennbar“ sei oder Schalke generell „keinerlei Strategie“ habe. Allerdings stimmt das so gar nicht. Kellers Mannschaft, der FC Schalke 04 der Hinrunde 2013/2014, hat sehr wohl eine klare Handschrift und Strategie. Aber wie sieht die eigentlich aus?
Seit Keller im Dezember 2012 als Nachfolger von Huub Stevens auf Schalke seine Arbeit aufnahm, liegt sein Fokus darauf die Defensive zu stabilisieren. Das kann durchaus als grundlegende Spielphilosophie bezeichnet werden, denn es beeinflusst das ganze Spiel der Schalker. Dennoch sind Defensive und Offensive natürlich hinreichend unterschiedlich. Darauf gehe ich hier detailliert ein, bringe Vorurteile mit Zahlen zusammen und zeige die Probleme auf.
Defensiv: 4–4–2
In der Defensive baut Schalke sich in einem klassischen 4-4-2 auf. Man kann es auch als Mischform zum 4-4-1-1 bezeichnen, aber der Einfachheit halber verzichte ich darauf. In jedem Fall gibt es zwei 4er Ketten: Die hintere besteht aus den Verteidigern, innen wie außen, und die zweite aus Mittelfeldspielern. Davor positionieren sich die beiden zentralen Offensivkräfte und laufen die Gegner an. Die 4er Ketten sind zwar unterteilt in innen und außen, die Aufgaben verteilen sich aber sehr identisch, prinzipiell hat sogar jedes Mitglied im 8er Block die gleichen Aufgaben: Die Abstände zu den Nebenmännern, horizontal wie vertikal, gering halten.
Die Grundidee ist dabei, dass kein Gegner durch die Maschen brechen kann, wenn die beiden 4er-Ketten eng, also kompakt stehen. Der Gegner kommt nicht durch und wird vom Tor fern gehalten, weil er es entweder gar nicht versucht oder aber den Ball abgenommen bekommt. Allerdings gibt es dabei auch ein Problem: Wenn die Spieler Eng zusammenstehen, kann nicht mehr als die halbe Breite des Spielfelds abgedeckt werden, sonst würden die Abstände zu hoch. Darum ist es sehr wichtig sich am Ball zu orientieren und im Kollektiv zu verschieben.
Es gibt also die beiden 4er Ketten die es dem Gegner schwer machen Richtung Tor zu kommen. Zusätzlich stehen davor noch zwei relativ freie Spieler die den Ballführenden attackieren oder dessen Abspieloptionen zustellen können.
Dieses 4-4-2 ist eine sehr klassische Formation und besonders in der Defensive setzen es viele Mannschaften ein. Doch wie immer bei Formationen ist 4-4-2 nicht gleich 4-4-2. Schalkes 4-4-2 ist passiv. In diesem Fall bedeutet das, dass sich Schalke komplett am Ball orientiert und nicht am Gegner. Der Ballführende wird quasi nicht attackiert, die Formation bleibt starr und intakt. Den Ball zu erobern ist nicht wichtig, oberste Priorität ist lediglich den Gegner nicht ans Tor zu lassen. Die persönliche Disziplin ist hier sehr wichtig, wenn ein Spieler seine Position verlässt wird das gesamte Gefüge instabil. Eine Lücke entsteht, die vom Gegner ausgenutzt werden kann. Besonders Jones ist ein heißer Kandidat für solch eine Aktion. Da er eher den Zweikampf sucht als sich am Raum zu orientieren, lässt er sich häufig aus der Stellung ziehen.
Der Grund für die passivität ist also Kellers Plan Ordnung ins Spiel zu bringen und Gegentore zu vermeiden. Das gelingt nicht immer gut, wie 33 Tore in 20 Spielen (DFB-Pokal, Bundesliga & Champions League) zeigen. Doch der Hauptgrund dafür ist oft nicht die geordnete Defensive, sondern die Konteranfälligkeit und Standardsituationen. Der Umschaltmoment, also in die geordnete Defensive zu kommen, dauert bei Schalke relativ lang, weil die Struktur starr und relativ weit zurückgezogen ist. Um diese Zeit so kurz wie möglich zu halten wird etwa auch weitestgehend auf ein Gegenpressing verzichtet. Und trotzdem müssen die Spieler zum Teil weite Wege auf sich nehmen um die defensive Ordnung herzustellen. In der Zeit dieser Unordnung fallen die meisten Tore gegen Schalke. Und natürlich durch Standards.
Doch dieses passive Pressing hat auch ein entscheidendes Problem. Nicht, dass sie nicht effektiv sein kann. Chelsea hat 2012 recht passiv die Champions League gewonnen. Auch Manchester United spielt in dieser Saison ein passives 4-4-2 und hat so zuletzt Arsenal besiegt. Das Hauptproblem ist die Wahrnehmung der Zuschauer.
Immer wenn ein Gegenspieler auf die Abwehrformation zuläuft und dieser nicht entschieden attackiert wird, flucht der emotionale Fußballfan wie ein Rohrspatz. Darum ist Jones auf Schalke auch so beliebt, der macht das nämlich. Dass dadurch Gegentore ermöglicht werden, fällt hier selten auf. Und während Schalke so unermüdlich verschiebt und kompakt steht (viel mehr: sich kompakt organisiert) schimpfen die Fans, dass die Spieler lauffaul seien. Sauberes Stellungsspiel hat einen deutlich höheren Laufaufwand als dies meist wahrgenommen wird.
Allerdings scheint die Statistik das Vorurteil zu bestätigen, Schalke belegt mit pro Spiel gelaufenen 113,77 km lediglich Platz 16 in der Bundesliga. Auf den zweiten Blick wird jedoch klar, dass die reine Laufleistung wenig Aufschluss bietet (obwohl Otto bereits einen guten Plan in der Schublade hatte). Weit vorne in der Statistik finden sich nämlich auch Mannschaften von den Abstiegsrängen, Freiburg auf Platz 1 (120,48 km) und Braunschweig auf Platz 4 (117,95 km). Die Tabellenspitze dagegen ist komplett verteilt: Bayern (Platz 12 mit 116,72 km), Dortmund (Platz 2 mit 118,37 km) und Leverkusen (Platz 18 mit 111,43 km).
Am reinen Laufpensum kann es also nicht liegen, dass viele Gegentore kassiert werden. Dennoch wird das vom Publikum so nicht wahrgenommen. Ein aggressiveres Pressing wirkt eben aufregender. Die Arbeiterkultur im Ruhrgebiet spiegelt das ja auch wieder. Es ist schwer verständlich, dass „Abwarten und Tee trinken“ zum Erfolg führen kann. Auch wenn es keinen Unterschied in der Effektivität gibt.
Offensiv: 4–2-3–1
Im Angriffsmodus wechselt Schalke dann die Formation und spielt ein lupenreines 4–2-3–1. Das 4–2-3–1 hat sich aus dem 4-4-2 entwickelt. Alles fing damit an, dass Diego Maradona seine Rolle als Stürmer deutlich anders interpretierte als andere vor ihm. Er ließ sich hinter den anderen Stürmer fallen und agierte als Kreativkraft im Zentrum: der spielmachende 10er war geboren. Dazu rückten die Flügelspieler immer weiter auf und belegten das rechte und linke offensive Mittelfeld. Um den Gegner auseinander zerren zu können, bauen sich die Flügelspieler oft sehr breit auf. So wird auch das Problem der 4-3-3 Formation umschifft und die Flügel besetzt. Gegner können sich also nicht darauf verlassen das Zentrum abzusichern, denn eine Mannschaft kann immer auf die Flügel ausweichen.
Die sehr offensive Ausrichtung bedarf allerdings einiger Absicherung, immerhin sind jetzt 4 Spieler direkt im Angriff involviert. Damit die Verteidigung dem Gegner nicht Schutzlos ausgeliefert ist, gibt es eine sogenannte Doppel-6 im defensiven Mittelfeld. Insgesamt hat sich das Spiel in den letzten Jahren stark ins Zentrum verlagert und so sind es heute meist die 6er die spielgestalterisch agieren. Schalke hat eine Vielzahl an 6ern mit sehr unterschiedlichen Attributen, wobei zuletzt Höger adäquat durch Aogo ersetzt werden konnte (den Rest habe ich hier diskutiert).
Keller interpretiert das 4–2-3–1 sehr strickt. Es gibt wenig fluidität, lediglich tauschen Spieler die Positionen gelegentlich, so ist Draxler oder auch Boateng etwa während eines Spiels immer wieder auf einem Flügel und im Zentrum zu finden. Prinzipiell wird aber zu jeder Zeit jede Position besetzt. Die Motivation hierhinter ist wieder Ordnung ins Spiel zu bringen und so Gegentore zu vermeiden.
Doch nicht nur die Ordnung ist ein entscheidender Baustein im Angriffsspiel, auch die Geduld. Keller ist nicht bereit den Ballbesitz leichtfertig auf’s Spiel zu setzen. Die Geduld ist der entscheidende Faktor hier, weil Schalke abwartet statt hohes Risiko zu fahren. So spielt Schalke dann viele sichere Pässe um die gegnerische Abwehr herum, auf der Suche nach der richtigen Lücke. Der Rückpass folgt also einzig und allein dem Ziel, den Ball auf keinen Fall verlieren zu wollen. Im Zweifel geht’s auch zurück zum Torhüter, selbst dann, wenn der Ball vom Stürmer oder von der Grundlinie kommt. So ergibt es sich, dass Schalke den vierthöchsten Ballbesitz (52,3%) und die drittbeste Passerfolgsquote (81,0%) der Liga hat.
Und zwar fängt das ganze bereits beim Aufbauspiel an. Hier kippt je nach gegnerischem Druck ein 6er mehr oder weniger weit ab, während sich der andere zum jeweiligen Flügel orientiert um da für Überzahlsituationen und Kurzpassspiele zur Verfügung zu stehen. Und das ist auch schon der ganze Trick im Schalker Angriffsspiel: Überladungen, am liebsten auf den Flanken. Die Außenverteidiger rücken weit auf und bilden mit dem jeweiligen Flügelspieler eine Einheit. Dazu kommen situativ 6er, 10er und/oder sogar Stürmer. Besonders beim Dreigespann Höger, Uchida und Farfan war das immer gut zu sehen. Sobald sich eine Lücke bietet wird dann durch die gegnerische Lücke kombiniert bis man aus aussichtsreicher Position aufs Tor schießen kann. Wenn sich diese Lücke nicht bietet, wird ruhig zurück gespielt und lieber neu aufgebaut.
Diese Geduld bietet oft Anlass zur Kritik. Wer nichts wagt der nichts gewinnt, heißt es da oft. Doch jeder Ballverlust bedeutet ein potentielles Gegentor, besonders mit der Schalker Schwäche bei Kontern. Außerdem ist die abwartende Spielweise zuletzt ja international sehr Erfolgreich gewesen. Auch Spanien wurde häufig dafür kritisiert, noch während der EM im letzten Jahr, bis sie im Finale dann Italien mit 4:0 nach Hause schickten. Insgesamt ist Spanien abwartend Welt- und zweimal Europameister geworden, der FC Barcelona hat so in 4 Jahren ganze 14 Titel gewonnen. Auch hier liegt es also eher an der Wahrnehmung und Ungeduld der emotionalen Fans, denn an der Strategie als solches.
Zu guter letzt noch das Aufbauspiel, denn das ist ebenfalls häufig im Zentrum der Kritik. Es fehlen Spielzüge heißt es. Und das ist nicht ganz falsch, lediglich das gezielte situative Überladen findet häufig statt. Nur schafft Schalke es dann zu selten daraus Gewinn zu schlagen. Schnelle Spielverlagerungen auf die ballferne Seite oder schnelle Ballstafetten enden zwar meist gefährlich, werden jedoch nur sehr spärlich eingesetzt.
Fazit
Schon unter Stevens hat Schalke stets sehr unaufgeregt gespielt. Und so ist es auch jetzt noch: Ruhig, konzentriert und geduldig. In defensive sowie offensive wird abgewartet ohne nervös zu werden. Egal wie es steht oder welche Spielminute gerade läuft. Wenn andere Mannschaften in Panik verfallen hält Schalke am System fest, verschiebt geduldig in der Defensive und sucht geduldig weiter nach der Lücke in der Offensive.
Schalke steht defensiv kompakt und wartet offensiv auf seine Möglichkeiten. Das Hauptproblem im Spiel sind die Umschaltmomente dazwischen. Bei Ballgewinn ist die Kontergefährlichkeit etwas unter die Räder gekommen, denn das Umschalten in die Offensive ist ebenfalls der Ballsicherheit untergeordnet. Nichts desto trotz ist Schalke hier jederzeit eine Waffe, besonders wenn Farfan auf dem Feld ist. Umschalten in die Defensive ist aber das ungleich größere Problem. Schalke wird sehr häufig ausgekontert, gut ein Viertel aller Gegentore sind Konter. Ein verbessertes Gegenpressing könnte hier schon Wunder wirken.
Davon abgesehen ist ein großes Problem in dieser Saison die Standardsituationen. Hier fallen zu viele Tore, ebenfalls gut ein Viertel aller Gegentore fallen nach einem ruhenden Ball.
Von der hier beschriebenen Handschrift abgesehen stellt Keller seine Mannschaft aber auch gezielt auf jeden Gegner ein und ändert Aspekte des Spiels. Die grundsätzliche Spielidee, die Defensive durch feste Grundordnung zu stabilisieren, verliert er dabei aber nie aus dem Auge. Gegen Dortmund wurde etwa die linke Abwehrseite gestärkt, weil die Lüdenscheider besonders über deren rechten Flügel sehr gefährlich sind. Gegen Bremen hat er zur Halbzeit umgestellt, das Spiel breiter gemacht, und Schalke hat 3 Tore geschossen. Die großen Experimente, die ein Trainer irgendwann mal machen muss, finden jedoch etwas hinter vorgehaltener Hand statt. Am Anfang der Saison hat Keller viel mit 4-4-2 in der Offensive (mit starkem Flankenfokus) und 4-3-3 rumprobiert.
Letztendlich wird Keller viel kritisiert, obwohl es gar nicht so schlecht läuft. Schalke hatte letztes Jahr zum 12. Spieltag nach seinem Glanzstart lediglich einen Sieg mehr auf dem Konto als jetzt. Von den vergangenen 5 Bundesligaspielen wurde lediglich das Derby verloren. In der Champions League steht Schalke aktuell auf dem zweiten Platz, mit zwei Siegen. Bayern, Chelsea, Dortmund… gegen solche Hochkaräter können sicherlich keine Punkte eingerechnet werden, dafür wurden Leverkusen und Basel besiegt. Nach einem etwas holprigen Saisonstart konnte sich Schalke stabilisieren. Ich halte nach wie vor Platz 4 für ein vernünftiges und realistisches Ziel.
EDIT
Mir ist in der ursprünglichen Version ein Fehler mit den Statistiken zu Ballbesitz und Laufdistanz unterlaufen. Aufmerksame Leser haben mich darauf hingewiesen (vielen Dank dafür!) und ich die Fehler natürlich behoben. Daraufhin musste ich ebenfalls den Abschnitt zur Laufdistanz überarbeiten.
In den letzten Spielen konnte man tatsächlich vereinzelt „geordnetes“ Gegenpressing sehen. Das sah auch meist ganz gut aus, ein paar Sekunden wurde aggressiv der ballführende angegriffen, bei Verlagerungen „sofort“ ins Defensivsystem zurückgekehrt.
Ich bin ja grundsätzlich auch eher ein Fan von gutem Pressing anstelle von passivem Raumzustellen – wobei Schalke gerade das passive Verteidigen in den Spielzeiten unter Magath sehr sehr erfolgreich machte. Allerdings bin ich mir nicht so sicher ob situatives Gegenpressing in der Art für Schalke immer sinnvoll ist. Wenn es erfolgreich ist und der Ball nach hinten gespielt werden muss, oder noch besser natürlich ein eigener Angriff eingeleitet werden kann, ist natürlich alles super.
Problematisch wird es natürlich gegen Spieler, deren individuelle Klasse Auswege bietet, oder wenn das Gegenpressing selbst schlampig durchgeführt wird. Dann bietet man dem Gegner noch mehr Raum als eh schon in einer Kontersituation da wäre, und das zurücklaufen in die eigene Formation dauert noch länger.
Bleibt die Frage die sich Keller vermutlich auch gerade stellt: Wie viel Pressing kann ich dem System zumuten, ohne das alles zusammen fällt?
Da fällt mir gerade ein, ich hab doch auf Twitter mal was von 4-1-4-1 gefaselt, nicht wie die Bayern mit intelligentem Raumdecker Lahm auf der 6, sondern mit Jones zwischen den kompakten Viererreihen, ohne genauere Raumzuteilung, sondern Manndeckung des gegnerischen Zehners, respektive Kombinationsspielers für den Stürmer.
Wobei, Aogo und Neustädter gefallen mir ganz gut, da wären auch ohne Höger zwei sehr intelligente Spieler im defensiven Zentrum bei uns.
Das stimmt natürlich. Wenn bei einem Gegenpressing zu viel riskiert würde, könnte der der Schuss schnell nach hinten los gehen. Doch das sähe Keller nicht ähnlich…
Gutes Gegenpressing ist ja immer auch ein kontrollierter Rückzug in die eigene defensive Ordnung. Sprich, es sollte gleichzeitig Druck auf den Gegner ausüben und der eigenen Mannschaft Gelegenheit geben sich zu sortieren. Wenn das nicht passt (selbst wenn’s auf Grund von Schlampigkeit ist) wäre es wohl besser auf sowas zu verzichten, da bin ich voll bei Dir.
Zum Formationsspiel hab ich damals schon von einem 4-3-3 gesträumt, glaube ich. Sähe da aber eher Neustädter, Aogo & Boateng im Mittelfeld. 🙂
Hallo Karsten,
da es mit meiner Fussballtheorie dank fehlender Jugendspielpraxis nicht so weit her ist, bin ich stets dankbar für jeden erhellenden Kommentar. Die Zusammenfassung hier hat mir ein wenig die Fanaugen geöffnet. Auch wenn ich aufgrund der Anreise kaum ein Heimspiel im Stadion mitverfolgen kann und die Wochenenden nicht immer Zeit für die Fussballkneipe lassen, werde ich in Zukunft doch etwas mehr auf den taktischen Ansatz und die Problemlösungen achten, als zuvor. Mal schauen, ob ich nach dem Spiel dann etwas von meinen Gedanken in deinen Texten wiederfinde oder mich positiv belehren lassen kann. 😉
Danke für die neue Perspektive.
Gruß aus München,
Tim
Vielen Dank für den aufschlussreichen Artikel und den/das Blog im Allgemeinen.
Wie siehst Du eigentlich die Wechselwirkungen zwischen dem hier beschriebenen Defensiv- und Offensiv-Konzept (passive Defensive, kontrollierte Offensive)? Bzw. welche Vorteile hat die Kombination der beiden Ansätze?
Mir fallen eigentlich fast nur Nachteile ein und auf einige gehst Du ja in dem Artikel auch ein (z.B. Umschaltmomente). Ich hatte das passive Verteidigen bisher eigentlich eher als Kontertaktik wahrgenommen. Man zieht sich selbst weiter zurück, lässt den Gegner aufrücken und hat dann mehr Platz zum Kontern. So wie Schalke das derzeit spielt, geht aber genau dieser Effekt verloren, weil auch im Konterfall versucht wird, aus einer gesicherten Ordnung nach vorne zu spielen. Dadurch hat der Gegner meistens genug Zeit, sich wieder zu sortieren.
Auch der umgekehrte Fall scheint nicht so gut zusammenzupassen, da das kontrolliert nach vorne spielen mehr Akteure vorne bindet und man im Falle eines Ballverlustes lange braucht, um wieder in die defensive Ordnung zu kommen (wie Du ja auch schon geschrieben hast).
Oder können die Nachteile auf Dauer durch Mischformen aufgweweicht werden (leichtes Gegenpressing bei Ballverlust, schnelle Konter bei Ballgewinn und kontrollierter Aufbau bei eigenem Ballbesitz)?
Übrigens funktioniert das Captcha bei mir mit Chrome nicht. Im IE schon.
Erstmal danke für das Captcha Feedback, ich seh mal zu, dass ich das am WE hinbekomme.
Du hast natürlich recht, Schalke verteidigt wie eine Kontermannschaft. Allerdings wird das Kontern dabei meist vergessen, oder schlampig ausgeführt. Prinzipiell passen meines Erachtens nach Offensiv- und Defensiv-Konzept ganz wunderbar zueinander. Allerdings hat Schalke in der Ausführung von beidem noch Luft nach oben und die Umschaltmomente müssen besser hinbekommen werden. Genau das beschreibst Du ja mit aufweichenden Mischformen und ich habe das im Artikel bereits ausgeführt. Wenn die Umschaltmomente besser bespielt werden, holen wir das Triple. 😉
Durch Zufall auf Twitter auf Deinen Blog aufmerksam geworden. Gute Analyse wie ich finde! Ich fürchte nur, der gemeine Fan ist für Kellers System leider nicht geduldig genug. Leider.
Blog wird auf jeden Fall wert einmal im Feedreader abonniert. 😉
Hey, cooler Blog 🙂 Als ich letztens mal auf youtube unterwegs war, ist mir auch aufgefallen dass Maradona ja eher wie ein Stürmer gespielt hat, war mir gar nicht bewusst. Ich hatte noch nie ein ganzes Spiel von ihm gesehen, und er gilt ja allgemein als der klassische 10er schlechthin. War er der erste der klassischen 10er der nur mit einem Stürmer vor ihm und zwei Flügelstürmern gespielt hat? Und war er oder sein Team (Barca oder Napoli???) Trendsetter für das 4:2:3:1? Wäre cool wenn du etwas historischen Kontext geben könntest, auch wenn ich weiß, dass dies nicht das Hauptaugenmerk dieses Blogs ist. Würde mich halt nur echt interessieren.
Wie Du ja schon sagst, würde eine Positionshistorie etwas das Thema des Blogs verfehlen. Das 4-2-3-1 ist aus dem 4-4-2 hervor gegangen. Evolution der Grundformationen. Vermutlich hat aber auch vor Maradonna schon jemand einen Spielgestalter gegeben, er ist dafür eben nur das Standardbeispiel. Bei der WM 2006 ist Deutschland ja auch noch 4-4-2 aufgelaufen, der Trend zum 4-2-3-1 ist daher noch gar nicht so alt wie man meinen Möchte.
Hier gibt’s noch ein bisschen mehr Input: http://www.thefalse9.com/2013/11/football-tactics-for-beginnersthe-4-2-3.html