In diesem Artikel wird die Hinrunde der Saison 2013/2014 von Schalke 04 analysiert. In insgesamt 27 Spielen schoss Schalke ganze 46 Tore, kassierte aber auch 41. Das ist eine ganze Menge. Und so wird von vielen Ausgerufen, dass es weniger Gegentore werden müssen. Doch wie kamen die vielen Tore zustande? Und wie können es weniger werden in der Rückrunde?
In der Bundesliga hat Schalke 32 Tore geschossen und damit gleichviele wie Tabellen-Zweiter Bayer Leverkusen. Allerdings hat Schalke auch da nur knapp weniger Tore auch eingeschenkt bekommen, 28 nämlich. Doch widmen wir uns zunächst mal dem Spiel nach vorne.
Die Offensive
Zwar gingen fast 40% der Angriffe über die rechte Seite (also Farfán), und doch wurde der Torabschluss fast immer aus dem Zentrum gesucht. Mit 70% hat Schalke hier sogar den Liga-Höchstwert. Nur fürs Verständnis, Ziel beim Fußball ist es den Ball in aussichtsreiche Position zu bringen um mit möglichst hoher Wahrscheinlichkeit ein Tor zu erzielen.
Die Quote an Torschüssen außerhalb des Strafraums ist angenehm gering, lediglich 38% (genau wie Dortmund). Nur zwei andere Teams schießen seltener von außerhalb aufs Tor, die Bayern (33%) und die Hertha (36%). Schüsse von außerhalb des Strafraums sind extrem ineffizient, lediglich 2% dieser Schüsse gehen ins Tor. Hier täuscht das Gefühl drastisch, weil man sich immer nur an die schönen Weitschüsse erinnert, die vielen Fehlschüsse werden allerdings vergessen.
Generell ist die Ausbeute der Schalker ziemlich gut. Im Schnitt werden lediglich 6,31 Schüsse für einen Torerfolg abgegeben. Besser ist hier im Ligavergleich lediglich Hoffenheim (6,28 Schüsse pro Tor). Direkt hinter Schalke rangiert hier Borussia Mönchengladbach (6,34). Bayern (7,07), Bayer (7,84) und Dortmund (8,42) sind deutlich ineffizienter. An der Verwertung vorne lag’s also nicht. Mit lediglich 202 Schüssen insgesamt wurde der Torerfolg im Ligavergleich aber sehr selten gesucht. Nur 4 Teams schossen seltener auf das Gegnerische Tor. Die Bayern (297), Bayer (251) und Dortmund (320) versuchten das deutlich häufiger.
Die relativ wenigen Torschüssen zeigen, dass Schalke nicht gut vor das gegnerische Tor kam. Das verdeutlicht auch, warum das Spiel der Schalker einen klaren Mittelfeld-Fokus hatte. 44% der Ballberührungen fanden im Mittelfelddrittel statt. Nur Borussia Mönchengladbach (45%) hat hier einen höheren Wert. Zusammen mit der hohen Passerfolgs- (80%) und Ballbesitzquote (58%) zeigt dies, dass Schalke das Mittelfeld weitestgehend kontrolliert. Allerdings spiegelt es auch die gefühlte Sicherheit wieder. Es passiert selten, aber wenn ein Ballverlust im Mittelfeld passiert wird es oft brenzlig.
Dieser Fokus hat aber auch noch einen anderen Preis. Schalke spielt auf Sicherheit und hat das Kontern verlernt. Obwohl als Kontermannschaft bekannt, konnte Schalke in der Hinrunde nur wenige Kontertore erzielen. Nach einem Hoch zu Beginn der Hinrunde ebbte die Statistik hier stark ab. Keller wollte keine Ballverluste im schnellen Spiel nach vorne riskieren und den Gegner so wiederrum zu Kontern einladen.
Die Defensive
Generell macht es Schalke seinen Gegnern im Abwehrverhalten noch immer zu leicht ein Tor zu erzielen. Zwar hat die Gegentorquote zuletzt eine Tendenz zur Verbesserung, doch muss der Gegner noch immer nur 8,3 Mal aufs Schalker Tor schießen um erfolgreich zu sein. Das ist Bundesliga-Mittelfeld.
Aber dieses Problem wurde bereits früh erkannt und etwa seit Hälfte der Hinrunde ist Schalke dabei sich von einer passiv verteidigenden Mannschaft zu einem echten Pressing-Team zu wandeln. Im letzten Champions League Spiel gegen Basel war das sehr gut zu sehen.
Dazu sind Konter ein großes Problem. Seit Mitte der Hinrunde ist den Gegnern Schalkes vermehrt dazu übergegangen Schalke auszukontern. Und das mit großem Erfolg. Etwa ein Drittel aller Gegentore sind durch Konter entstanden. Nun ist es nicht verwunderlich, dass der Gegner gegen Schalke eine Kontertaktik fährt. Schließlich ist Schalke nominell gegen den Großteil der Liga Favorit. 13 Kontertore sind aber definitiv zu viel.
Schalke ist immer dann besonders anfällig in Konter zu laufen, wenn es glaubt den Gegner bespielen zu können/müssen. Bei den Chelsea Spielen war das recht deutlich. Schalke hatte deutliches optisches Plus, ließ den Ball schön laufen und versuchte Chelsea zu zeigen wie man Fußballspielt. Die wiederrum sahen sich das ruhig an, verteidigten Diszipliniert und warfen in den geeigneten Momenten 3 Leute Richtung Schalker Tor.
In solchen Spielen befindet sich oft eine Vielzahl von Angriffsspielern vor dem Ball, vorne, bereit zum Tore schießen. Doch soweit kommt es nicht. Denn nicht selten stehen hinten nur noch 2 oder 3 Verteidiger, die häufig leicht überrumpelt wurden.
Auch hier wurde Keller bereits aktiv, immer häufiger kann man Gegenpressing nach Ballverlust bei Schalke bestaunen. Die Entwicklung von Pressing wie auch Gegenpressing jedoch ist ein langwieriger Prozess, der durch die ständigen Ausfälle und Umbesetzungen sicher nicht beschleunigt wurde.
Die Taktik
Schalke spielte fast die gesamte Hinrunde ein 4-2-3-1 im Angriff und ein 4-4-2 in der Verteidigung. Dabei war der Großteil sehr fix in seinen Positionen. Es wurde relativ wenig getauscht und auch Freirollen gab es nur vereinzelt. Das hat sich zum Ende der Hinrunde stark geändert. Man kann sagen, je stärker Keller kritisiert wurde, desto mutiger wurde er. Immer wieder wandelte er in ein 4-4-2 oder ein 4-3-3 (Details dazu im zweiten Teil der Halbzeitbilanz nächste Woche). Das brachte mehr Variabilität und Schalke wurde schwerer auszurechnen für den Gegner.
Auch gab es innerhalb des Halbjahres viele Weiterentwicklungen. Das Pressing wurde verbessert und die Gegenpressing Maßnahmen werden immer deutlicher. Allerdings geht das etwas zu Kosten des eigenen Konterspiels, was in weniger Kontertoren resultierte. Allerdings besteht hier für jeden Gegner immer Gefahr und darauf stellen sich die Mannschaften auch konkret ein.
Fazit
Alles in allem gibt es zwar nicht viele Ballverluste im Spiel der Schalker, doch die wenigen werden häufig sehr gefährlich. Das Umschaltspiel in die Defensive war besonders zur Mitte der Halbserie katastrophal. Aber es ist eine deutliche Entwicklung erkennbar. Auch wenn Keller sicher ein Underperformer ist, fehlende Entwicklung vorzuwerfen wäre falsch. Allerdings ist die Entwicklung langsam, was wiederrum auf den vollen Spielplan und die Verletztenmisere zurückzuführen ist.
Im zweiten Teil nächste Woche beleuchte ich, wie die Anzahl an Gegentoren reduziert werden könnte und beleuchte die möglichen taktischen Kniffe.
Saison 2013/2014, Halbzeitbilanz auf Schalke:
Teil 1: Wo kommen die vielen Gegentore her?
Teil 2: Formationsspielereien. Wie können die Gegentore reduziert werden?
Teil 3: Kaderanalyse. Ist Keller ein under-performer?
Interessant zu lesen, Deine Halbzeitbilanz. Vor allem auch, dass jemand dann doch mal eine Entwicklung unter sieht. Bin gespannt, wie lange er noch darf. Und auf Teil 2 Deiner Bilanz. 😉
Danke sehr, freut mich zu hören. Lesen. Du weisst schon. 😉
Entwicklung ist definitiv da, allerdings auch nicht so rasend schnell, wie man als Schalker das gern sehen würde. Ich bin sehr auf die Rückrunde gespannt.
*Keller