Das Spiel nach dem Derby war, was viele befürchtet hatten. Katerstimmung auf Schalke. Die Blauen taten sich sehr schwer, von den Kölnern kam sehr wenig. Am Ende gab’s ein Unentschieden. Ein paar Gründe dafür…

Die Grundformationen zu Spielbeginn.

Hohe Domkirche St. Petrus

Die Kölner kamen mit 2 Punkten aus 13 Spielen nach Gelsenkirchen. Und während die Fanlager nach dem emotionalen Derby (Analyse: 1.HZ & 2.HZ) in erster Linie die Höhe des Sieges diskutierten, drückte der Schalker Stab auf die Bremse und sagten mehrfach, dass Köln besser spiele als es die Tabelle vermuten ließe. Das Spiel zeigte, dass sie nicht so ganz Unrecht hatten.

In einem mannorientierten 5-2-3 mauerten die Domstädter ganz ordentlich. In der ersten Halbzeit gab es ein tiefes Abwehrpressing. Nicht selten waren bei gegnerischen Angriffen 8-9 Feldspieler im eigenen Strafraum. Sie versuchten den Gegner dann zwar raus zu drücken, aber nur so etwa 10-20 Meter, oft brauchte Schalke dabei nichtmal die Mittelfeldlinie überqueren.

Die Formation spiegelte dabei die der Schalker. Das hatte Stöger sich von Bosz abgeschaut, Dortmund bereitete Schalke so ja auch schon einige Sorgen (und 4 Tore). Dazu gab es noch klare Mannorientierungen. Die Flügelspieler nahmen ihre direkten Gegenspieler dabei zum Teil sogar in klassische Manndeckung.

Kirche St. Joseph

Bei Schalke zeigt sich in den letzten Spielen eine Transformation weg vom Pentagon, also dem System mit einem 6er, zwei 8ern und der Doppelspitze, zurück zum 3-4-3 mit der Doppel-6, wie schon zu Beginn der Saison. Die Transformation dabei ist, dass Schalke trotzdem auf Ballbesitz spielt. Bei der Umstellung zum Ballbesitzfußball wurde meist das eine System dafür genutzt und das andere als reines Konter-System. Inzwischen sind beide Formationen reine Gegneranpassungen. Ballbesitz ist dabei eine Mittel um das eigene Vertikalspiel anzubringen.

Und so spielte Schalke eben wieder mit der Doppel-6 McKennie-Meyer, wobei ersterer, ähnlich wie Goretzka sonst, sehr weiträumig spielte und sich verstärkt in Angriffe einschaltete. Letzterer dagegen gab den Strippenzieher im Mittelfeld, der Angriffe einleitet, aber auch für die Sicherheit sorgt, die in einem solchen System nötig ist. Max Meyer spielte 51 Päasse in diesem Spiel. 50 davon fanden den Mitspieler. Er spulte insgesamt die meisten Meter ab, hatte dabei aber kaum Sprints. Die Statistik verstärkt den Eindruck einer stabilen Schaltzentrale.

Die meisten erfolgreichen Angriffe kamen über die rechte Seite der Schalker. Grund ist ganz simpel, dass McKennie bei Überladungen helfen konnte und Caligiuri einen klaren Geschwindigkeitsvorteil gegenüber Rausch hat.

Köln erhöht das Pressing

In der ersten Halbzeit stand Köln sehr tief. Es gab oft nur ein erstes Forechecking, dann ließ sich die gesamte Mannschaft fallen. Nicht selten stand Naldo im Aufbau mit Ball am Fuß als tiefster Verteidiger im Mittelkreis und wurde dabei nichtmal attackiert.

In der zweiten Halbzeit änderte Köln das und erhöhte das Pressing. Wort, Wörtlich. Es setzte jetzt höher ein, war aber keineswegs aggressiver. Doch das reichte schon um sich die Schalker jetzt stärker vom Tor fern zu halten. Dazu gelangen jetzt auch mehr Konter. Im Aufbau mussten sich die Schalker jetzt häufiger fallen lassen um die erste Pressinglinie zu überspielen. Harit oder Goretzka halfen immer häufiger im 6er Raum aus. Das war ein Mechanismus der Mannorientierung zu entgehen. Dadurch war Vertikalität allerdings schwierig, weil die Spieler natürlich weiter vorne fehlten.

Das alles machte zwar den Braten nicht fett, nach wie vor hatte Schalke das Spiel gut im Griff, brachte aus Kölner sicher aber deutlich Erleichterung. Und führte letztlich zum Punktgewinn.

Eingelullt

Interessanter Weise machte die Kölner passivität Schalke sehr zu schaffen. Tedesco hat im Spielverlagerung-Interview schön beschrieben, dass Schalke immer versucht den Gegner nicht nur zu stellen sondern zu attackieren. So hat ein Spieler mehr Druck und weniger Zeit für die Entscheidungsfindung. In diesem Spiel war’s für Schalke aber umgekehrt. Also nicht ständig, aber immer wieder.

Der Spieler mit Ball am Fuß hatte dann plötzlich Zeit. Zwar stand ein Gegenspieler vor ihm, der ließ ihn aber in Ruhe. Und so hatte Schalke ungewöhnlich viel Zeit. Unerwartet. Das lähmte das Spiel aus Schalker Sicht. Durch so viel verfügbare Zeit schien sich jeder Spieler die Entscheidungen genau zu überlegen. Und so wurde viel stärker auf Sicherheit gespielt als es sonst der Fall ist.

Gleichzeitig schienen die Mitspieler irritiert. Wie ein Orchester, das auf seinen Einsatz wartet. In einer Art Starre gefangen. Es wirkte ein bisschen als überlegte jeder für sich, aber alle gleichzeitig, wann es denn jetzt losginge. Und das machte das Spiel träge. Die Kölner Passivität, die am besten mit bewegungsreicher Aktivität ausgehebelt werden könnte, lullte Schalke ein. Bewegungsreiche Aktivitäten blieben aus.

Kommt das jemandem bekannt vor? Mannorientiertes Passives Pressing? Unter Keller verteidigte Schalke oft auch so. Genau so. Und oft ebenso erfolgreich.

Alles in allem…

Schalke hatte das Spiel über die komplette Distanz voll im Griff. Konstant 2/3 Ballbesitz. Trotzdem schafften sie nicht genügend Dynamik zu entwickeln. Genauso wenig schaffte Schalke es die Torchancen die da waren konsequent zu nutzen.

Das junge Team hat sicher viel vom Unentschieden in Dortmund lernen können. In diesem Spiel gab es ebensoviel zu lernen. Beim nächsten Mal werden sich die Spieler schlauer verhalten, wenn sie es mit deutlicher Mannorientierung zu tun haben oder mit tiefer Passivität.

5 Replies to “Anrennen gegen tiefe Passivität. FC Schalke 04 – 1. FC Köln, 2:2

  1. Vielen Dank! Ich habe dieses Einlullen nur Anfang der zweiten Halbzeit gesehen. Insgesamt merke ich, dass ich das Spiel deutlich positiver gesehen habe, als Du (und wohl DT: https://schalke04.de/tv/videos/fc-schalke-04-1-fc-koeln-spieltags-pk/). Ich fand, dass sich das Team trotz der Staffelung des Gegner oft gute spielerische Lösungen gesucht hat. Kein Standardtor durch uns! Die Rolle von McKennie war eventuell McKennie nicht ganz klar, vielleicht litt seine Wirksamkeit darunter. Es wäre interessant, diesen Spiel im direkte Vergleich gegen (sorry) andere schwächere Teams der Liga zu schauen (VFB, Werder, Hertha). Vielleicht haben wir vieles richtig gemacht am Samstag und der FC hat einfach einen blöden Elfer bekommen.

  2. Schalke war schon klar besser als Köln, und wenn sie es mal geschafft haben, Tempo aufzunehmen, wurde es auch sofort gefährlich. Das ist nur nach der Anfangsphase recht selten der Fall gewesen. Der Wechsel McKennie/Goretzka war aus meiner Sicht vollkommen nachvollziehbar, einfach weil Goretzka mit seinen starken Tiefenläufen nicht so leicht durch Manndeckungen beizukommen ist.

    Meine persönliche Einschätzung wäre (gerade im Vergleich mit anderen Partien gegen schwächere Teams), dass Schalke taktisch schon viel weiter ist als zu Saisonbeginn, was das Bespielen passiver Gegner angeht, aber am Samstag einfach nicht die beste Mannschaftsleistung gebracht hat. Dazu noch etwas Pech bei Standards und Schirientscheidungen und am Ende steht nur ein Unentschieden zuhause gegen den Tabellenletzten.

Comments are closed.