In einer umkämpften Partie setzt sich Frankfurt einigermaßen gerechtfertigt gegen um Spielkontrolle ringende Schalker durch. Schalke beginnt im gewohnten 5-3-2, allerdings mit etwas offensiveren Achtern und defensiveren Außenverteidigern. Verletzungs- und Strukturprobleme schwächen dabei das Schalker Spiel und auch Weinzierls Wechsel gehen diesmal nur teilweise auf. Frankfurt trat hingegen in einem 5-2-3 (oder auch 5-2-1-2 mit Meier als Zehner, fällt mir schwer das zu sagen) auf und wurde vor allem über das Zusammenspiel ihrer Stürmer gefährlich.
Dieser Beitrag wurde ursrpünglich am 28.1. auf Schalke goes Zentrum veröffentlicht, da Elias aber inzwischen bei halbfeldflanke schreibt zieht der Beitrag hierher um.
Schalke gegen den Ball
Beginnen wir mit dem Aspekt des Schalker Spiels, der wohl noch am besten funktionierte und zwar dem Pressing, besonders in der ersten Hälfte. Frankfurt ist natürlich in erster Linie eine Kontermannschaft, aber gerade in tiefen Zonen ziehen sie durchaus ein respektables Kombinationsspiel auf, aus dem heraus sie dann schnell ins letzte Drittel vorstoßen. Dies war ihnen gegen Schalke nur selten wirklich möglich.
Aus dem 5-3-2 der Königsblauen schoben die Stürmer sehr hoch, wobei sich ihnen fast immer einer der Achter dabei anschloss, der entweder zwischen oder neben die beiden rückte. Zwar gib es zwischen diesen vorderen drei und dem eng stehenden 5-2-Block der Restverteidigung meist eine große Lücke, doch dadurch, dass Schalke so früh unter Druck setzte und meist fast alle nahen Anspielstationen aus dem Spiel nahmen, zwangen sie Frankfurt regelmäßig zu hohen, langen Bällen, wodurch die Mittelfeldlücke irrelevant wurde. Wenn Frankfurt doch einmal in den Sechser-/Achterraum vorstieß rückte auch noch der anderen Achter raus und Bentaleb und Goretzka setzten die Frankfurter zusammen unter Druck. Hier war dann Geis scheinbar völlig auf sich allein gestellt, meist konnten die Frankfurter aber gegen die beiden Schalker den Weg ins Zentrum nicht finden, und wenn doch, so konnten die vorstoßenden Höwedes und Nastasic zumeist schlimmeres verhindern.
War das Anlaufen der vorderen drei jedoch einfach erfolgreich und zwang Frankfurt zum langen Ball, dann konnte dieser vom tiefen Schalker Defensivblock meistens gewonnen werden. Besonders Naldo muss hier für sein Herausrücken gelobt werden, aber überhaupt funktioniert die Abstimmung bei diesen langen Bällen gut und auch die Struktur bei den zweiten Bällen ist ordentlich. Bei eigenen Ballverlusten konnte Schalke sich in der ersten Hälfte noch auf die prinzipiell sehr kompakten Staffelungen im 5-3-2 verlassen. Meist gingen dann ein oder zwei Spieler ins Gegenpressing, wobei sie nur in wenigen Fällen versuchten den Ballgewinn zu forcieren und meistens stattdessen vor allem darum bemüht waren Frankfurt aus der eigenen Formation zu drängen.
Insgesamt würde ich konstatieren, dass unser mannorientiertes Pressing mit seinen herausrückenden Elementen funktioniert. Doch es ist nicht stark genug, um unser Spiel alleine zu tragen. Weder generieren wir Ballgewinne in wirklich hohen Zonen, noch nehmen wir dem Gegner in jeder Situation den Ball wieder weg. Über die Flügel kann man gegen uns doch immer wieder irgendwie in die höheren Zonen kommen und dann mag eine umstrittene Schiedsrichter-Entscheidung eben schon mal zu einem 1:0 beitragen.
Schalke offensiv: Flügelangriffe und lange Bälle
Im Vorfeld dieses Spiels dachte ich mir, dass es für Schalke vermutlich weise wäre, sich entweder sehr klar auf kurzpassorientiertes Zentrumsspiel zu konzentrieren, oder brachial die Flügel zu bespielen und lange Bälle zu nutzen. Markus Weinzierl entschied sich für letztere Variante, wobei sich die Frage stellt, wie weise das nun tatsächlich war.
Die taktischen Umstellungen, die diese strategische Entscheidung begleiteten, empfand ich auf jeden Fall als prinzipiell als sinnvoll. Frankfurt ist sehr gut darin über ihre technisch starken Sechser umzuschalten – um das zu verhindern, braucht man die Kontrolle über den Rückraum der gegnerischen Abwehr, also den gegnerischen Sechserraum. Und in der Tat rückten Goretzka und Bentaleb im eigenen Offensivspiel häufiger nach vorne als sonst, während sich Kolasinac und Schöpf in der ersten Hälfte vergleichsweise eher zurückhielten. Zusätzlich lässt sich Frankfurt auch am besten über eben diesen Rückraum knacken. Letzteres hängt mit ihren Mannorientierungen zusammen, die man durch Kombinationen aushebeln kann, wenn durch viel Bewegung die Zuordnungen quasi „hinterfragt werden“. Die Innenverteidiger müssen dann Entscheidungen treffen: ob sie wirklich ihren Mann weiter verfolgen, oder ob sie ihn übergeben. Mit Choupo-Moting und besonders Burgstaller hatte Weinzierl im Sturm zwei sich gut ergänzende Spieler mit sehr interessanten, fordernden Laufwegen aufgestellt, während die aufrückenden Achter sie gut bedienen und unterstützen konnten. Immer wieder wurde auch von einem Achter, einem Stürmer und dem jeweiligen Flügelläufer einer der Flügel überladen und dann schnell überspielt. Doch abseits dieser Bewegungen fehlte es der Mannschaft vielfach einfach an Bewegung. Alle Positionen wurden recht starr interpretiert, eventuell aus Angst vor Frankfurter Konter, gegen die man gut gestaffelt bleiben wollte.
Doch diese an sich guten Ansätze blieben ineffektiv. Das lag zum einen daran, dass Schalke sehr häufig, auch schon vor dem 1:0, versuchte die Angriffe einfach irgendwie durchzudrücken und zum anderen daran, dass man einfach viel zu selten überhaupt in die hohen Zonen eindrang. Das Spiel über die langen Bälle war letztendlich zu banal um Frankfurt wirklich unter Druck zu setzen, vor allem da Schalke diese nicht nutzte um dann in höheren Zonen Spielkontrolle zu finden sondern nur, um schnell Raum zu überbrücken. Auch Frankfurt muss hier lobend erwähnt werden: Ihre Abseitsfalle verhinderte mehrmals (teils denkbar knapp) sehr gefährliche Szenen und sie stabilisierten das Spiel nach Ballgewinn immer schnell, wobei Schalke sie mit dem eher passiven Verhalten nach Ballverlust auch wenig unter Druck setzte.
Probleme in der Spielkontrolle: Meyers Nicht-Werk und Geisens Beitrag
Spielkontrolle und Ballzirkulation war überhaupt das große Problem Schalkes in diesem Spiel, und ist im Prinzip seit Jahren das Schalker Problem schlechthin. Weder kommt Schalke durch ein gutes Aufbauspiel konstant ins Zentrum, noch existieren die Mechanismen, um das Spiel in Nähe des gegnerischen Strafraums zu beruhigen. Darum ist unsere Offensive auch mehr oder weniger dazu gezwungen, die Angriffe im letzten Fünftel immer einfach „durchzudrücken“, was dazu führt, dass sehr viele Angriffe einfach abgedrängt werden. Nun habe ich mich entschieden in die Überschrift dieses Kapitels die Namen zweier unserer Spieler einzubauen, den einen weil ich denke, dass sein Träger ein wesentliches Problem in unserem Aufbauspiel und den anderen, weil er jenen vielgescholtene Hoffnungsträger verbirgt, der häufig im Alleingang die Verbindungen im Schalker Spiel schafft.
Max Meyer ist extrem gut darin, in engen Räumen den Ball zu halten und dabei die Übersicht zu behalten. Er hat zwar ein Problem damit, wirklich effektiv Wege hinter die letzte Linie zu finden, doch er ist extrem gut darin umliegende Spieler in die Situation hineinzunehmen. Das heißt er hält den Ball so lange, bis weitere Spieler herankommen, die das Offensivspiel unterstützen können, oder er löst sich aus aussichtslosen Szenen und sorgt dafür, dass unser Spiel durch einen Rückpass wieder aufgebaut werden kann. Max Meyer erhöht nicht die Durchschlagskraft in tornahen Szenen, aber er sorgt häufig dafür, dass diese Szenen gefährlicher werden und andere Leute dann hinter die Linie kommen können. Im Prinzip verbindet Meyer das Schalker Spiel im letzten Drittel. Das wird sehr gerne übersehen, weil seine Aktionen eben häufig nicht dafür sorgen, dass man näher ans Tor kommt, aber dafür, dass man sich besser in Tornähe hält und wirklich gute Situationen für Abschlüsse erspielen kann. Ohne ihn muss Schalke im Prinzip in jeder irgendwie potentiell torgefährlichen Szene bedingungslos nach vorne spielen, wobei dann eben auch viele aussichtslose Szenen direkt ausgespielt werden, die ansonsten in aussichtsreiche Situationen verwandelt worden wären. Meyer ist quasi eine Integrationsmaschine – er bindet Spieler ein.
Geis wiederum überbrückt Spieler. Zumindest von seiner generellen Spielanlage her, ist er jemand, der einfach versucht, ins letzte Drittel zu spielen. Das ist aber kontraproduktiv, wenn man gleichzeitig gerade nicht in der Lage ist dort Verbindungen herzustellen. Zu Geis genereller Rolle in unserem System muss ich irgendwann noch mehr schreiben (falls die überhaupt noch so häufig vorkommt), in diesem Spiel war er aber einfach sehr abgemeldet. Er hat nicht die Mittel durch strategisch intelligentes Kurzpassspiel ins Zentrum zu kommen und er hat nicht die Pressingresistenz auf der Sechserposition den Ball länger zu behaupten. Theoretisch hätte er ganz viele Bälle auf Kolasinac und Schöpf spielen können – doch was bringt das gegen ein Frankfurt, das gegen eine Fünferkette, die unsere Flügelläufer sowieso zustellt. Dennoch hatte Geis einige ganz nette Verlagerungen in tiefen Zonen und vielleicht hätte seine Rolle mit aufrückenden Halbverteidigern, die dann den Pass ins Zentrum suchen, auch funktionieren können, doch de facto trug er stark dazu bei, dass unser Aufbauspiel nahezu nur noch über lange Bälle stattfand.
Das Schalker Defensivspiel baut sehr stark darauf, dass man den Gegner aus dem Zentrum raushält und dass man durch die Formation bedingt immer eine Grundkompaktheit behält. Wenn man dann aber selbst überhaupt keine Spielkontrolle über Ballbesitz erarbeitet verliert man schnell die Ballbesitzhoheit und ist einer reaktiven Rolle gefangen: Schalke konnte weder mit brutalem Pressing die Kontrolle erzwingen, noch über das Aufbauspiel erspielen, noch war die Mannschaft im letzten Drittel so stark, dass sie die wenigen Szenen wirklich effizient ausspielen konnte.
Umstellungen zur zweiten Halbzeit
Zu Beginn der zweiten Halbzeit schien mir vor allem unsere Intensität leicht erhöht. Teilweise hatte ich auch das Gefühl, dass die Staffelungen ein bisschen anders waren, doch bei nur 7 Minuten ohne Wechsel bin ich mir da nicht ganz sicher. In der 53. kam dann auf jeden Fall Avdijaj für Geis ins Spiel. Bentaleb wurde Sechser, Goretzka Achter und Avdijaj Zehner – insgesamt ergab sich eher eine 2-1 als eine 1-2 Staffelung im Mittelfeld. Zunächst schien das gut zu funktionieren. Avdijaj bewegt sich im Zwischenlinienraum sehr intelligent und sehr tororientiert. Anders als Meyer, der unserem Spiel etwas mehr Kontrolle verleiht, erhöht Avdijaj theoretisch durch seine wirklich schnelle, tororientierte Entscheidungsfindung unsere Durchschlagskraft in Tornähe. Allerdings ist Frankfurt eben nicht Ingolstadt und Schalke hatte trotz Goretzka und Bentaleb auf der Doppelsechs immer noch nicht ausreichend Spielkontrolle, um die Eintracht dauerhaft hinten reinzudrücken, auch wenn man deutlich mehr Ballbesitz hatte, –die sehr hoch aufrückenden Außenverteidiger, sowie der ebenfalls hoch stehende Avdijaj sorgten für eine gewisse Spaltung des Teams, und die zunehmende Hektik im Schalker Spiel verhinderte, dass man diese Spaltung überwand, indem man sich ruhig nach vorne spielte.
Dennoch konnten Bentaleb und Goretzka dank ihrer hohen individuellen Klasse immer wieder Angriffe einleiten, die aber nicht sauber genug ausgespielt wurden, um für Frankfurt gefährlich zu werden – die recht guten Bewegungen der ersten Hälfte wichen nun plumpem nach-vorne-rennen und Avdijaj ging in der Frankfurter Formation ein bisschen verloren.
Für die letzten fünf Minuten wurde dann nochmal ein sehr interessanter taktischer Plan umgesetzt, den ich auf dieser mit ein paar Spieler-Gedanken garnierten Grafik veranschauliche:
Fazit:
Das Schalker Defensivspiel funktioniert einigermaßen, und die Formation passt recht gut zum Spielermaterial, doch Schalke 04 muss endlich Spielkontrolle finden. Das nötige Spielermaterial für Ballzirkulation ist mit Goretzka, Bentaleb, Kehrer, Meyer und Avdijaj prinzipiell vorhanden, nur müssen diese Spieler auf eine konsequentere Weise eingebunden werden. Wenn Weinzierl nicht diesen Weg über die Ballzirkulation gehen möchte, dann muss er entweder das Gegenpressing auf ein neues Level heben oder das Spiel im letzten Drittel. Wenn er nichts davon tut, fürchte ich, dass er keine langfristige Zukunft auf Schalke mehr hat. So sind wir leider zu abhängig von Einzelleistungen bestimmter Offensivspieler, die heute jedoch allesamt keinen sonderlich starken Tag hatten. Jetzt kommt aber erstmal wieder Bayern – gegen die wir vermutlich ganz gut aussehen werden.
4 Replies to “Königsblaue Offensivfrustration. FC Schalke 04 – Eintracht Frankfurt, 0:1”
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