Ein Tiefstehender Gegner nimmt Schalke in Manndeckung. Soweit nichts neues. Aber wie Schalke damit umgeht verbessert sich von Spiel zu Spiel. So auch hier, und diesmal sogar erfolgreich.

Die Grundformationen zu Spielbeginn.

Mannorientierung

Es ist zu einem Standardansatz geworden gegen Schalke zu verteidigen, wie Schalke unter Keller großteilig verteidigt hat. Tiefstehend, ein bisschen passiv, geduldig und stark Mannorientiert. Und im Prinzip hat’s Peter Stöger vor ein paar Wochen erfunden. Oder zumindest perfektioniert. Mit Mannorientierungen hatte Schalke schon gegen Freiburg oder Hannover arg zu kämpfen.

Immer wieder kam Tedesco dabei zwar mit Verbesserungen und Ideen im Spiel. Zuletzt haben etwa Harit und McKennie gegen Augsburg immer wieder die Seiten getauscht um die Mannorientierungen aufzubrechen und zu irritieren.

In dieser Partie wurd’s dann noch etwas heftiger. Köln verteidigte sehr Mannorientiert und Geduldig. In der Pressekonferenz nach dem Spiel, die solltet ihr euch übrigens mal ansehen, also nicht diese speziell, sondern pauschal, was für detaillierte Kurzanalysen Tedesco so kurz nach dem Spiel abliefert, ist wirklich der Hammer! Wo war ich? Ach ja, also in der Pressekonferenz nach dem Spiel lobte Tedesco die Kölner besonders für deren Geduld. Ein solches Pressing so konsequent aufzufahren und dabei weder Lust noch Nerven zu verlieren ist schon beachtlich.

Max Meyer wurde von Miloš Jojić über die gesamte Partie in direkte Manndeckung genommen (#notfallsbisaufsklo). Weil der Schalker Chef-Stratege und Kopfballungeheuer sich zwischen den Linien bewegte ergab sich ein 5-2-1-2 bei Köln. Dabei war die 3er Kette eben auch sehr Mannorientiert. Das heißt, statt den Raum zu decken und Bälle abzufangen, hefteten sich die 3 Verteidiger immer wieder direkt an die Schalker Angreifer.

Die Schalker hatten damit viele Probleme. Und zwar das ganze Pentagon, das 5-Eck im Zentrum aus Meyer, Harit – Schöpf und Burgstaller – Di Santo. Zwar zeigten sich alle 5 sehr bewegungsfreudig, doch so richtig befreien konnten sie sich nur selten. Der Grund lag im Ansatz.

Das Streben nach Kompaktheit

Allgemein versucht eine raumorientierte Verteidigung das Spiel klein und eng zu machen, damit Räume besser gedeckt werden können. Ist ja logisch, je kleiner das Spielfeld, desto größer die Abdeckung mit 10 Leuten. Daher kommt das Streben nach defensiver Kompaktheit und Enge, also die Abstände der am weitest voneinander entfernt stehenden Spieler zu minimieren. Entsprechend versucht ein Angreifendes Team immer das Spiel auseinander zu ziehen und breit zu machen. So wird die Verteidigungsarbeit in einer Raumorientierung schwerer.

In einer Mannorientierung ist das aber anders. Je größer die Abstände zwischen den Spielern, desto länger ist der Ball unterwegs um bei einem Pass den Mitspieler zu finden und desto mehr Zeit hat der Verteidiger diesen abzufangen. Mannorientierungen werden also am besten aufgelöst, indem es viele Bewegungen gibt um sich aus den Deckungen zu befreien und kurze Passwege um das Spiel schnell zu machen.

Instinktiv versuchte Schalke das Spiel auseinander zu ziehen. Zwar gab es viele Bewegungen im Mittelfeld, besagtes Pentagon ist ja inzwischen eher eine fluide Orientierung und keine starre Formation mehr, aber es fehlte an Vertikalität, gleichzeitig waren die Abstände zu groß. Tedesco korrigierte im Laufe der ersten Halbzeit immer wieder nach und schob die Verteidiger immer höher. Naldo stand dann nicht selten zwischen gegnerischem Strafraum und Mittelkreis. Es wurde also besser.

Von den Kölnern kam gleichzeitig nur sehr wenig. Es wurde versucht schnell umzuschalten. Schalke war sich dessen bewusst und konnte diese Konter meist spätestens so um den Mittelkreis wieder abfangen. Insgesamt fand sich der Ball kaum in der Schalker Hälfte während des ersten Durchgangs. 6:0 Torschüsse für Schalke. Das Spiel wurde beherrscht, auch wenn es zu wenige zwingende Chancen gab.

Köln schiebt höher

Stefan Ruthenbeck, der Coach der Kölner, wusste, dass er etwas ändern musste. Früher oder später würde Schalke in Führung gehen, weil die Anpassungen immer besser griffen. Der Fokus auf sicheres Verteidigen wirkte zwar, fing aber auch allmählich an zu bröckeln. Und ganz besonders hatte Köln zu wenige Torchancen. Also schob er seine Mannschaft höher.

In der zweiten Halbzeit presste Köln jetzt aggressiver und störte früher. Zusätzlich wurde der schnelle Klünter aus der Spitze zum rechten Außenverteidiger verschoben (seine eigentliche Position). Der FC wollte etwas früher den Ball gewinnen und noch schneller Kontern.

Der Plan ging sogar relativ gut auf. Ein paar Mal kam Köln tatsächlich in gefährliche Zonen. In der zweiten Halbzeit kam Köln so zu 5 Torschüssen. Trotzdem gab Schalke das Spiel eigentlich zu keiner Zeit aus der Hand. Auch weil nach dem 1:0 Köln eigentlich einen Gang höher schalten wollte und musste, aber eigentlich schon auf dem Zahnfleisch ging.

Insgesamt ergaben sich für Schalke natürlich mehr Räume, die recht gut bespielt wurden. Die verbesserten eigenen Bewegungen in die Tiefe wurden so nur noch effektiver. Am Ende stand ein Torschussverhältnis von 16:5, und besonders Torhüter Timo Horn konnte ein paar Mal seine Qualität unter Beweis stellen.

Watt nü?!

Schalke ist Vizeherbstmeister der Bundesliga und steht im Viertelfinale des DFB Pokals. Das ist cool. Aber auch eben nur ein Zwischenstopp. Jetzt wird einmal durchgeschnauft und dann geht’s weiter. Die nächste Entwicklungsstufe steht in den Startlöchern und in dieser Partie wurde wieder deutlich welche Probleme Schalke in naher Zukunft haben wird und wie damit umgegangen werden soll. Ich bin mir sicher Tedesco hat noch ein paar Asse im Ärmel.

Auf Halbfeldflanke gibt’s in der Winterpause ja immer Zeit für ein paar spezial Artikel und sonstige schöne Sachen. Also guckt ab und zu mal rein. 🙂

Bis dahin wünschen Jakob und Karsten allen Halbfeldflankern ein frohes Weihnachtsfest und ein phänomenales 2018 mit einer rauschenden Schalker Meisterschaftsfeier. Vielen Dank, dass Ihr das Abenteuer Halbfeldflanke mit uns gestaltet. Wir freuen uns nach wie vor über jeden Klick und über jeden Kommentar. Merci vielmals!

10 Replies to “Der Kampf gegen Mannorientierungen. FC Schalke 04 – 1. FC Köln, 1:0

  1. Mir fiel gestern auf, dass vermehrt versucht wurde, Kölns Abwehr lang zu überspielen (meist durch Naldo). Allerdings mit mäßigem Erfolg. Plan/Absicht oder aus der Not geboren?

    1. Was Plan ist und was Zufall lässt sich von außen ja schwer bewerten. Tedesco hat allerdings zu Protokoll gegeben, dass ihm die Tiefenläufe fehlten. Ich interpretiere das so: Die Innenvertreidiger rückten immer höher und versuchten die 8er zu Tiefenläufe zu bewegen, indem Bälle in entsprechende Räume gespielt wurden. Ähnliches war in vorherigen Spielen ja auch schon zu sehen.

      Ich glaube also, dass es geplant war, der Plan aber nur unzureichend umgesetzt wurde und wir davon nach der Winterpause bestimmt deutlich mehr sehen werden. Schließlich ist das ein probates Mittel gegen solche Verteidigungen.

  2. Vielen Dank Karsten, wie immer eine Freude hier zu lesen.

    Ich glaube wenn Naldo 3mal so einen Ball spielt, ist es ein Plan, zumindest aber vom Trainer geduldet. Davon im nächsten Jahr aber gerne weniger.

    Ich freue mich schon sehr auf die Zwischenjahresartikel, frohes Fest!

  3. Hallo Karsten, mit dem schnell erschienen Bericht über das Pokalspiel ist Dir noch mal ein Jahresabschluss Highlight gelungen. Ich liebe den letzten Absatz und freue mich auf die Feier am 12. Mai 2018.
    Nochmals vielen Dank an Dich und Jakob für Eure tolle Arbeit.
    Wünsche Euch schöne Feiertage und alles Gute fürs neue Jahr!

  4. Ich möchte mich hier ebenfalls bedanken. Habt ein schönes Weihnachtsfest und geht gesund und weiterhin optimistisch ins neue Jahr. Ich freue mich schon auf

    die nächsten Anneliesen

  5. Lieber Karsten, lieber Jakob, auch ich möchte mich hier für eure tollen und verständlichen Analysen bedanken. Habt ein schönes Weihnachtsfest und geht gesund und weiterhin optimistisch ins neue Jahr. Glück auf und voller Vorfreude auf ihre Begleitung durvh die Rückrunde.

    die nächsten Anneliesen

  6. Hallo, aus irgendeinem Grund beschäftigt mich folgendes :
    Der Eckstoss, der zum Tor führte, wurde seitens der Kommentatoren, die ich hierzu hörte, als verunglückt beschrieben. Im TV wurde unser Trainer aber mehrfach eingeblendet, wie er vor dem Eckstoss zwei Finger hob und eine halbkreisförmige Bewegung mit dem anderen Arm vollzog. Meine Kenntnisse in fussball – taktischen bzw analytischen Dingen sind zugegeben begrenzt. Daher wäre es nett, Karsten, wenn Du mich aufklären könntest. Meinem Verständnis nach wollte der Trainer wohl den 2. Ball verwertet sehen. Das machte dann auch den Laufweg von Nastasic erklärbar. Verunglückt war die Ecke dann aber wohl nicht, oder? Dass der Ball direkt durch MM den Weg ins Tor findet, war nicht primäres Ziel, wurde doch aber schon auch billigend in Kauf genommen.

    Auch ich wünsche Euch schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

    1. Hi Padre,
      Allein, dass Meyer so weit vorne rum lief ist ja ein Zeichen dafür, dass die Ecke irgendwie verlängert werden sollte. Das gaben ja auch alle anschließend zu Protokoll. Typischer Weise ist er weiter hinten eingeplant. Und selbstverständlich wird jedes Tor billigend in Kauf genommen. 😉

  7. Ich möchte mich bei den beiden Autoren für die immer wieder sehr interessanten und aufschlussreichen Analysen bedanken. Ich bin ein regelmäßiger Leser eurer Texte. Vielen Dank dafür! Ich wünsche euch, euren Lieben und allen anderen hier Lesenden eine angenehme Weihnachtszeit. Freuen wir uns auf die nächsten 6 Schalker Monate!
    Glück auf!
    Uwe

  8. Ich lese diese Analysen sehr gerne, weil sie sich abseits von zu kurzen und wie ich finde sehr wenig fundierten Analysen absetzen. Deshalb ein großes Danke für die Mühe.
    Ich wünsche Euch ein besinnliches Weihnachtsfest und verabschiede mich bis zum nächsten Mal mit einem, Glück Auf!

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