Domenico Tedescos Amtszeit auf Schalke ist vorbei. Selten hat ein Club einen Trainer beurlaubt, dem gleichzeitig so viel Sympathie entgegengebracht wird. Halbfeldflanke schaut zurück auf das, was passierte in den knapp 2 Jahren. Ein Coaching Profil.

Domenico Tedesco wird allgemein viel Kompetenz beigemessen. Zum Teil sogar zu viel, sein Ansatz wurde gern als zu akademisch verschrien. Oft habe ich gelesen, dass er sich zu viel Sorgen um Details wie die Ausführung von Freistößen machen würde. Nachvollziehen konnte ich solche Kritik nie.

Klar wurde schnell, dass Tedesco Detailversessen ist. Jede Stellschraube an der er drehen könnte war ihm bekannt und er wusste wie er dran drehen konnte. Wie selten jemand zuvor auf Schalke beherrschte er diese Klaviatur an Einflussmöglichkeiten um das Team optimal einzustellen. Er war Trainer, Analyst, Psychologe, Taktiker und vieles mehr gleichzeitig. Und in allem sehr kompetent.

Dabei gibt es zwei Faktoren, die für Tedesco die wichtigsten Rollen spielen. Das ist der jeweils nächste Gegner und das sind die gerade verfügbaren Spieler. Wie wohl bei jedem anderen Trainer auch.

Die eigenen Spieler

Vielleicht der entscheidendste Faktor für Tedesco ist immer das eigene Team. Was von den Spielern erwartet werden kann und wozu sie im Stande sein können, darum drehten sich seine Gedanken ständig. Das erklärt auch das ständige „dumbing down“, also die deutliche Vereinfachung des eigenen Spiels. Immer, wenn Tedesco merkte, dass etwas zu kompliziert wurde für einen Spieler, hat er es simplifiziert.

Das führte dazu, dass Schalke Vizemeister wurde, mit einem Fußball, der an banalität kaum zu übertreffen war. Das System, die Rollenverteilung, die Bewegungsabläufe waren gut orchestriert, aber eben auch maximal simpel. Schon in der Anfangsphase mit dem Schalker Pentagon war das der Fall. Ein tolles Konzept sauber umgesetzt, wobei die Schönheit darin lag, dass es so Einfach war. Das machte es Spielern leicht bei der Umsetzung und dem Publikum Freude, weil sie leichter mitverfolgen konnten was passierte.

Gleichzeitig waren ihm die Stärken und Schwächen der Spieler sehr bewusst und er versuchte diese entsprechend einzusetzen. Franco Di Santo war unter Tedesco ein reiner Pressingspieler, der im gegnerischen Drittel viel Druck auf den Gegner ausüben kann, auch wenn der Druck auf’s Tor eher überschaubar ist. McKennie wurde als reine Zweikampfmaschine eingesetzt, und zwar woauchimmer es nötig war, auch wenn sein Stellungsspiel eigentlich eher mäßig ist. Mendyl wurde als extrem schneller Spieler mit starkem Zug zum Tor eingesetzt, auch wenn er spielerisch und im Zweikampf sicher noch Entwicklungspotenzial hat. Max Meyer wurde als Kreativspieler eingesetzt mit gutem Kurzpassspiel und Auge für Räume. Die Liste ist lang…

Auffällig ist dabei, dass viele Spieler letztlich in anderen Rollen auftauchten als gewohnt. Das unterstreicht, dass diese Rollen für Tedesco eigentlich nicht wichtig sind. Entscheidend sind die Räume auf dem Feld und welche Fertigkeiten ein Spieler braucht um diese in einer speziellen Situation zu besetzen. Darum spricht er auch so viel von Zahlen.

Seit Tedesco wissen daher viele Schalker, dass ein 7er ein offensiver Flügelspieler ist. Ihm ist wichtig, dass er einen Spieler hat, den er in den 7er Raum stellen kann, der schnell ist, an der gegnerischen Verteidigung vorbei ziehen kann und einen Drang Richtung Tor hat. Und wenn dann jemand, der offiziell als Außenverteidiger geführt wird, mal in vorderster Front spielt, dann ist das halt so. Das Profil passt. Die Überlegung dahin ist gut und richtig. Das nicht jeder Plan aufgeht ist nunmal so.

Der nächste Gegner

Ein wesentlicher Teil der Arbeit Domenico Tedescos liegt in der Gegneranalyse. Ich habe oft den Vorwurf gehört, dass er das Spiel Schalkes zu sehr am Gegner ausrichtet und zu wenig das eigene Spiel forciert. Das ist aber natürlich stark übertrieben. Ohne Blick auf den Gegner bringt das eigene Spiel nur durch wer hoffnungslos überlegen ist und soviel Glück hat, dass die Gegner darauf nicht gut wechseln können.

Bei Begegnungen auf Augenhöhe oder darunter muss stark auf den Gegner angepasst werden um eine Chance zu haben. Denn ich kann mich zwar einmauern, wenn ich aber nicht weiß wie ich ein Tor schießen soll, dann arbeite ich auf ein 0:0 hin. Plus Zufallstore in beide Richtungen. Allerdings funktioniert schon das einmauern besser, wenn ich weiß wie der Gegner angreift.

Gegneranpassungen sind also enorm wichtig. Tedesco versuchte immer Lösungen zu finden, die größtmögliche Erfolgswahrscheinlichkeit für Schalke. Das ist einer der Gründe warum Schalkes Spiel sich oft grundlegend änderte. Das Spiel gegen Leipzig in der Hinrunde ist ein schönes Beispiel hierfür. Schalke stand tief und die hat wenigen gewonnenen Bälle immer schnell und weit nach vorne gejagt. Tedesco wurde dafür stark kritisiert, ergatterte aber einen Punkt in der stärksten Phase der Leipziger dieser Saison.

Anpassungen en masse!

Solche Anpassungen an den Gegner gab es zur Genüge. Jeder Mannschaft sollte optimal entgegengetreten werden, mit den best-möglichen Erfolgsaussichten. Das heißt, er hat sich überlegt wo der Gegner Schwächen hat, wie man diese bespielen könnte und mit welchen Spielern das am besten ginge.  

Die Anpassungen an die Fähigkeiten der eigenen Spieler und das Spiel des Gegners führten etwa dazu, dass in der Vizemeistersaison das Experiment Kombinationsspiel schon frühzeitig eingestellt wurde. Erst im Oktober gestartet, wurde es schon Anfang Dezember wieder eingestampft. Die Mannschaft entwickelte sich nicht schnell genug um die Anpassungen der Gegner zu übertrumpfen, und Tedesco schwenkte zurück auf Pressing und Konter, wie zu Beginn der Saison.

Ein weiteres Beispiel war der Saisonbeginn 2018/2019. Tedesco wollte kurz das Pressing der Vorsaison nochmal aufblitzen lassen, bevor wieder auf Kombinationsspiel umgestellt werden sollte. Es gab jetzt viele neue Spieler und der Übergang von der Vizemeistersaison in die neue Spielzeit sollte möglichst smooth laufen. Lief er aber nicht. Also stellte Tedesco um, vereinfachte, zurück zu tiefem Pressing und Konterspiel. Als sich das Pressing stabilisierte, war der Drops aber eigentlich schon gelutscht.

Tedescos Umstellungen verfolgen immer einen klaren Plan. Jeder Wechsel hatte immer das Ziel Schalke in eine bessere Position zu bringen. Dazu kamen noch Wechsel auf Grund der vielen Verletzungen in dieser Saison und Leistungsschwankungen. Alles sinnvolle Wechsel. Nicht selten wurde ihm in dieser Saison allerdings vorgeworfen von Spiel zu Spiel zu viel zu ändern. Er reagierte dann oft mit einer gewissen Verwunderung, hatte er doch nur das optimalste Team auf den Rasen gebracht.

Autor Karsten mit Domenico Tedesco
Im Herbst 2017 hatte ich die Gelegenheit mich mit Domenico Tedesco unterhalten zu dürfen. Hier das komplette Interview.

Defensive Ausrichtung

Vorgeworfen wurde ihm auch die oft defensive Ausrichtung. Dabei ist seine Denke gar nicht sehr auf die Defensive fokussiert. Denn beim Pressing geht es Tedesco in erster Linie um den Ballgewinn und den Gegner dann zu überraschen (siehe Halbfeldflanke Interview). Das Pressing als solches ist für ihn nicht viel mehr als die Vorbereitung auf den Umschaltmoment.

Das hat zur Folge, dass Pressing und Gegenpressing hervorragend orchestriert waren. Letzte Saison gehörte das Schalker Pressing klar zu den besten in Europa und auch in dieser Saison ist es deutlich besser, als der Tabellenplatz vermuten ließe.

Die defensive Grundausrichtung hat sich auch dadurch ergeben, dass eben das immer der Kleinste gemeinsame Teiler war. Wenn’s mal aus irgendeinem Grund nicht lief, dann wurde zunächst die Defensive gestärkt. Er wollte die Basis für weitere Entwicklung schaffen. Die beschriebenen Anpassungen an Spieler und Gegner sorgten recht häufig dazu, dass Schalke sich erstmal einigelte. Etwa im Dezember 2017. Oder während der 5 Niederlagenserie zu Beginn der aktuellen Saison.

Was also als defensive Grundausrichtung wahrgenommen wurde, war eigentlich nur eine Verlegenheitslösung, ein Zugeständniss um eine Ergebniskrise zu überstehen. Die Krisensaison hatte dabei viele Probleme, die Defensive war aber eigentlich keins davon. Denn auch die Anzahl der Gegentore ist für den Zustand des eigenen Spiels und den Tabellenplatz verhältnismäßig harmlos. Zumindest bis vor der Karnevals-Krise.

Probleme mit dem Toreschießen

Das eigentliche Problem ist die Offensive. Während das Pressing wunderbar geschmiert lief, ruckelte der Vorwärtsgang gewaltig. Ins mittlere Drittel kam der Schalker Aufbau recht souverän, im gegnerischen Drittel funktionierte dann fast gar nichts mehr. Abstimmungen schien es nur wenige zu geben, Abläufe waren unklar und es wirkte als improvisiert jeder vor sich hin.

Es gab natürlich ausnahmen, immer wieder wurde mit gegenläufigen Bewegungen gearbeitet, aber die einzige Systematik waren Flanken die immer wieder probiert wurden. Aber selbst das Schlagen einer solchen funktionierte meist nur mäßig, von der Abnahme ganz zu schweigen. Und auch hier gibt es Ausnahmen. Insgesamt hingen die meisten Offensivbemühungen an individuellen Geistesblitzen.

Interessanter Weise wurden selbst Konter nur selten sauber ausgespielt. Dabei sollte eine defensive Grundausrichtung ja genau darauf spezialisiert sein. Ein Indiz mehr dafür, dass eigentlich ganz andere Dinge geplant waren.

Letztlich bleibt der Punkt, dass Schalke unter Tedesco in 59 Ligaspielen nur 80 Tore schießen konnte (1,36 Tore pro Spiel). In dieser Saison waren es in 25 Spieltagen nur 27 Tore (1,08 Tore pro Spiel). Beides krass wenig. Zum Vergleich Werder Bremen, Liga 9., hat einen Schnitt von 1,72 Toren pro Spiel in dieser Saison.

Mentalitätsmonster 04

Interessant ist, dass in all der Zeit Schalke immer mental stark war. Selbst in den letzten Spielen seiner Amtszeit, in der Tedesco und ganz Schalke öffentlich sehr deutlich diskutiert wurden, lief die Anfangsphase der Spiele noch recht gut ab. Gegen Manchester gelang sogar fast ein Sieg. Erst bei Rückstand wurde das Team dann nervös.

Das ist allerdings neu. Noch bis vor ein paar Wochen, kannte Schalke eigentlich keine Nervosität. Musterbeispiel natürlich das Derby der Vorsaison in Dortmund, als Schalke mit 4:0 Rückstand in die Pause ging und das Spiel noch 4:4 gewann. Schalke kämpfte. Immer. Die Mannschaft war emotional in Takt. Selbst in schwachen Spielen wurde bis zum Schluss jeder Zweikampf angenommen. Der Einsatz stimmte eigentlich immer und glich so auch gelegentlich technische Mängel im Angriff aus.

Ageism

Bei seiner Vorstellung auf Schalke war Domenico Tedesco 31 Jahre alt und damit der zweitjüngste Trainer der Bundesligageschichte. Das war ein Thema, das ihn seine gesamte Amtszeit begleiten sollte. Obwohl er schon eine beachtlich lange Erfahrung als Trainer hatte war genau diese oft ein Knackpunkt in Diskussionen. Schließlich war Schalke seine erste Station bei einem großen Club.

Persönlich glaube ich, dass dem Alter zu viel Wichtigkeit beigemessen wird. Die fachliche Kompetenz und Erfahrung sind entscheidender. Der Umgang mit neureichen Jungstars unterscheidet sich wohl nur marginal von dem mit pubertierenden vermutlich-bald-Stars. So ist der größte Unterschied sicher die mediale Aufmerksamkeit, welche er, gemessen am Beliebtheitsgrad trotz langer Krise, recht gut verpackt hat.

Nu isser wech

Ein sehr intelligenter und kommunikationsstarker Coach, der nicht wenige Anhänger abhängte, wenn er nach dem Spiel die Geschehnisse aus seiner Sicht schilderte (und es so sogar in die O-Ton Charts schaffte), aus dem die Emotionen aber auch in schlichter Regelmäßigkeit herausbrachen. Jemand, der auch nicht vor folgeschweren Personalentscheidungen zurückschreckte, wenn es um die Qualität des Spiels ging. Domenico Tedesco wurde bald zum Halbfeldflanke Lieblings-Coach, weil schnell klar wurde, dass da jemand sitzt, der sich sehr intensiv und intellektuell mit dem Fußball auseinandergesetzt hat.

Er brachte Schalke bei, den Fußball besser zu verstehen und sich dafür mehr zu interessieren. 5er Ketten gab es auch vorher schon, aber plötzlich diskutierte die Arena darüber. Und über die Höhe des Pressings und das Aufrückverhalten der Flügelspieler.

Unterm Strich hat Tedesco es aber in knapp eindreiviertel Spielzeiten nicht geschafft Schalke ein Offensivspiel beizubringen. Und auch, wenn Trainerwechsel innerhalb einer Saison nicht rational sind, so ist es auf Grund der Gesamtsituation wohl insgesamt irgendwie verständlich. Das Geschäft Fußball funktioniert so.

Er, der Schalke immer weiter optimieren wollte, hat vielleicht auch an zu vielen Stellschrauben gleichzeitig drehen wollen. Die immer optimale Grundsituation zu schaffen, heißt auch das Spiel stets neu zu definieren. Vielleicht kommt da dann doch das Alter ins Spiel und es fehlt noch an Gelassenheit. Die Fähigkeit abzuwägen, einzuschätzen, wann ein kurzfristig weniger Optimales Schalke das langfristig erfolgreichere sein könnte. Ich bin mir sicher, dass er sehr viel aus seiner Zeit auf Schalke gelernt hat.

Im Namen von Halbfeldflanke und der gesamten Leserschaft bedanke ich mich für die spannende Zeit, wünsche alles gute für die Zukunft und hoffe auf ein baldiges Widersehen. Karsten


Die sportlichen Analysen der Halbserien unter Tedesco:
Saison Analys 2017/2018: Tedesco krempelt Schalke um. Mehrfach.
Analyse Hinrunde 2018/2019: Viele Baustellen im 2. Jahr

15 Replies to “Der Über-Optimierer: Tedescos Zeit bei Schalke 04

  1. Sehr schöner Text, vielen Dank!
    Klar, dies hier ist ein Taktikblog, dennoch möchte ich noch kurz eine weitere Sache hinzufügen: Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal auf Schalke so sehr Fan von einer Person war. Neben alldem was du hier aufgeschrieben hast, war der Mensch Domenico Tesco als unser Trainer meine absolute Ideal- und Traumbesetzung. So viel authentische Identifikation, Leidenschaft und Hingabe, das fand ich absolut außergewöhnlich.

    Ich hoffe wirklich sehr, dass Schalke und Domenico Tedesco noch mal zusammenkommen.

  2. Super Beitrag – besten Dank – trifft genau mein Empfinden.

    Warum mal nicht was neues und Tedesco in der nächsten Saison mit runderneuertem Team wieder einsetzen. Ist ja „nur“ beurlaubt und hätte jetzt Zeit genug zu analysieren und vorzubereiten. Ist nicht realistisch, würde mir aber gefallen.

  3. Netter Versuch, das größte sportliche Desaster seit Jahren schönzureden.
    Man hätte zusammen fassen können, nie wurden weniger Tore geschossen und das offensive Spiel so vernachlässigt, wie unter Tedesco.
    Kein strukturierter Aufbau, keine trainierten Laufwege. Kein Spieler wurde besser (ok, McKennie). Das ist alles Job des Trainers. Gut dass er weg ist. Ein Abstieg muss verhindert werden.

    1. Klassisches Verhalten jeden Ansatz einer differenzierten Analyse als Schönrednerei abzustempeln, dabei aber natürlich selbst alles schwarzzumalen. Setz dich wieder. Alle von dir genannten Punkte werden im Text klar diskutiert.

  4. Sehr schöne und wieder klar verständliche Zusammenfassung. Vielen Dank! Wenn jemand unbedingt Fehler von Tedesco auflisten will, dann steht übrigens bei mir an Nummer 1, dass er zu lange an Fährmann festgehalten hat. Aber vielleicht war Nübel einfach noch nicht so weit, wir wissen das nicht. In jedem Fall stehe ich damit meist im Widerspruch zu anderen Fehlerlisten. Das nicht wesentlich und nur am Rande.

    Ergänzend zu den wenigen Toren: Wenn ich richtig gerechnet habe, dann wurden von den 80 Toren in 59 Spielen nur 36 von Stürmern geschossen. Das macht dann etwa 0,6 pro Spiel. Das heißt, nur in jedem zweiten Spiel hat mal ein Schalker Stürmer getroffen. Hypothesen? 1) Verletztenliste: Sicher, zwischendurch waren mal 5 Stürmer verletzt. Die können dann keine Tore schießen. Trotzdem war die Zeit der Verletzungen über fast zwei Saisons gerechnet nicht so lang. 2) Nicht genug Qualität: Der ganz große Top-Stürmer fehlt und mit Embolo haben sie Pech gehabt. Burgstaller hat das rausgeholt, was rauszuholen war bei seiner Qualität. Kono halte ich für einen echten Fehleinklauf für das Geld. Von Uth hätte man von der Qualität her mehr erwarten können. 3) Das intensive Pressing im Spiel macht die Stürmer mental mürbe. Dann sollen sie auch noch einen Tiefenlauf nach dem anderen starten. Am Ende sind sie vom Kopf her platt. Ich finde das ist vielleicht doch ein bisschen ein Problem und eben die Kehrseite des Super-Pressings. Ich bin mir sicher, dass Tedesco und Team das oft besprochen und genau auf die Leistungsdaten geschaut haben. Aber im Spiel hat man oft gesehen, dass die Entscheidungen schlecht waren oder ungenau ausgeführt wurden. Das hat dann mit der mentalen Leistungsfähigkeit in dem Moment zu tun. Zweikampfwerte unserer Stürmer sind übrigens auch oft katastrophal. Wenn man sieht, wie schlau und genau z.B. ein Max Kruse spielt, dann ist da schon ein Riesenunterschied. 4) Ist ja egal, wer das Tor macht. Wenn die Stürmer Rabatz machen und stark pressen, werden Fehler erzwungen, die dann ein andere ausnutzt. Das hat letzte Saison ganz gut geklappt. Dann müssen eben die Standards sitzen (bei uns sitzen immerhin die Elfmeter). Es fehlt aber auch ganz klar ein Goretzka, der immer wieder tief aus dem Mittelfeld vorne reinstößt (was er übrigens weiter toll macht, nur für einen anderen Verein). McKennie manchmal, aber dem fehlt für Anderes das taktische Niveau. Mit Rudy, Stambouli, Mascarell und Bentaleb haben sie im Mittelfeld eher die, die die Pässe in die Tiefe spielen, nicht die, die sie erlaufen. Serdar finde ich Klasse, aber der braucht noch. 5) Mechanismen: Auch wenn ich die individuelle Klasse nicht habe, im Kopf platt bin: Wenn ich einstudierte Mechanismen habe, dann kann ich die immer noch abrufen. So funktioniert Streichs Freiburg, der das unter der Woche einpaukt bis die Spieler kotzen und die Abläufe im Schlaf können. Breitenreiter hatte solche Sachen mit Goretzka und einem völlig überschätzten heute unbekannten Stürmer namens Sane in Petto. Danach sah es bei Tedesco-Schalke nicht aus. Er hat sich umgekehrt oft darüber beklagt, dass die Dinge nicht umgesetzt wurden. Wir wissen es am Ende nicht. Ich bin mal gespannt auf die nächste Station von tedesco, ob im Offensivspiel mehr gehen wird. Er ist ja offenbar nicht doof.

  5. Danke für den guten Text. Genauso habe ich es auch empfunden. Bis auf: Trainerentlassung irgendwie verständlich, so ist das Geschäft: Muß man aber nicht machen. Mit Mut und Vertrauen in die Zukunft hätte man auch die Saison irgendwie zuende bringen können, um dann in der neuen Saison wieder anzugreifen – mit einem Tedesco, der aus seinen Fehlern gelernt hat.
    @DevonMiles: stimme dir zu: Ich finde den Menschen Tedesco sogar noch beeindruckender als den Trainer.

    1. Ich wäre dafür das man jetzt mit Stevens die Saison zu ende spielt und dann im Sommer Tedesco zurück holt, oder ihn dann noch ein Jahr in der U23 bunkert und dann wieder mit ihm angreift. Man darf ja wohl träumen.

  6. Ich stimme dem Grundgedanken einiger Kommentare zu: Warum geht eigentlich nicht Tedesco und jemand anderes zusammen? Ein gestandener Fußballer und ein kluger Taktikfuchs? Klar: Einer ist der „Sprecher“, aber intern führen zwei Leute gleichberechtigt das Team. Ansonsten: Ich bleibe bei der These, dass es kein sportliches Versagen gewesen ist, dass ihm (ihnen) das Genick gebrochen hat. Irgendwann, letzten Herbst, hat das Umfeld umgeschwenkt und sich auf eine Zeit danach eingerichtet. Tedesco ist ein Dominostein, der hinter Heidel fällt. Taktisch: Was er nicht geschafft hat, war sie mal einfach spielen zu lassen! Das sind fußballerisch richtig geile Typen, aber sie haben oft so statisch gewirkt. Und wechseln konnte er nicht! Ich hätte oft mit meinen Einwechslungen mehr Erfolg gehabt! Ich wünsche ihm alles Gute!

  7. Also grundsätzlich will ich erst einmal festhalten, dass ich Domenico Tedesco sehr geschätzt habe und es sehr schade finde, dass seine Zeit bei uns zuende gegangen ist. Allerdings hätte ich den Wechsel nach dem Heimspiel gegen Düsseldorf bereits vollzogen, da die Mannschaft dort augenscheinlich tot war und man dann in dieser Branche schlichtweg zum Handeln gezwungen wird. Ich selbst war dann auch beim Spiel in Bremen anwesend und auch dort habe ich eine tote Mannschaft gesehen, die gegen einen nicht sonderlich starken Gegner letztlich verdient verloren hat (es war zwar Pech dabei, aber die Phase nach dem 1:1 bis Spielende hatte mit Fussball zu wenig zu tun).

    Ich glaube die größte Stärke von DT ist seine menschliche, sympathische Art, gepaart mit hohem Sachverstand. Seine größte Schwäche sind seine Ungeduld, seine mangelnde Fussballempathie (wird später erklärt) und seine mangelnde Erfahrung.

    In seiner ersten Saison lief es im wesentlichen von alleine. Die Mannschaft hat er in der Hierarchie neu mitgeordnet (ein Prozess der sich nie genau steuern lässt, aber seinerzeit ein voller Erfolg war mit Naldo als Kopf), die Spieler hat er mit seinen taktischen Ideen und seinen klaren Aufgaben gefordert aber nicht überfordert und dann wurde die Saison mehr und mehr zum Selbstläufer mit dem Höhepunkt des klaren Derbyheimsiegs! Wesentliche Erfolgsfaktoren waren die mannschaftliche Geschlossenheit gepaart mit hoher Siegermentalität, die klare taktische Linie und das Funktionieren von Einzelkönnern auf Top-Niveau wie Naldo, Caligiuri, Fährmann (Hinserie), Burgstaller, Goretzka und das Dreigestirn Kehrer, Nastasic, Stambouli.

    In der neuen Saison sollte es weiter aufwärts gehen. Es gab zwar auch wesentliche Abgänge aber dank Sane, Rudy, Uth, Serdar sollte genug neue Qualität dazugekommen sein. Allerdings funktionierte es von Anfang an nicht. Die Mannschaft fand sich in der Hierarchie nicht, die Siegermentalität ging verloren und DT verzettelte sich mehr und mehr in ständigen Personal-, Taktik- und grundlegenden Strategiewechseln (Ballbesitzfußball mal ja mal nein, Umschaltfußball mal ja mal nein, Hinten-Sicher-Stehen und vorne hilft der liebe Gott um nur 3 Strategien zu nennen).
    Sicher, auch in seiner ersten Saison hat DT viel gewechselt, gerade was die Taktiken während der Spiele betraf, in seiner zweiten Saison wäre es aus meiner Sicht aber klüger gewesen dies nicht zu tun. Die Mannschaft hat schlichtweg keine Sicherheit gefunden und ist mehr und mehr in eine Art Teufelskreis geraten aus Mißerfolg – keine Hierarchiebildung – viele Wechsel im System und Personal – keine Mentalität – keine Typen usw. DT hat immer mit vollem Elan versucht gegenzusteuern und sich sicherlich nächtelang den Kopf zermartert, leider ist es in Aktionismus ausgeartet der die Probleme immer wieder verschärft hat. Hier kommt dann die aus meiner Sicht fehlende Geduld gepaart mit mangelnder Erfahrung zum Tragen, es kann nunmal dauern ein System zu etablieren und es kann zwischendurch gewaltig haken, es bringt dann aber langfristig auch nichts immer situativ zwischen den Extremen zu wechseln wenn eeh schon Sicherheit fehlt.

    Nun noch kurz zur aus meiner Sicht fehlenden „Fußballempathie“. Dies muss ich genauer erläutern und mache es am Beispiel Mendyl – Einwechslung gegen Dortmund für Burgstaller als Stürmer fest. Von der rein logischen Betrachtung ein durchaus sinnvoller Wechsel, wenn man das logische auf die Tatsache reduziert, dass der Spieler schnell ist, gut anlaufen kann und einigermaßen ballsicher ist. Leider ist Mendyl aber mit keinerlei Fußballintelligenz gesegnet und darum ist er dermaßen hilflos über den Platz gestolpert dass man besser in Unterzahl weitergespielt hätte (an dieser Stelle kein Populismus!). Von den reinen Basiswerten ein logischer Wechsel, von der fuballtechnischen Seite eine katastrophale Entscheidung.
    An dieser Stelle findet sich Mehmet Scholls Pauschalkritik an den sogenannten „Laptoptrainern“ berechtigt wieder. Der Wechsel war ein Paradebeispiel und daraus muss DT aus meiner Sicht lernen.

    Zum Thema Trainerwechsel im Allgemeinen:
    Es gibt im Schalker Block 5 ein interessantes Zitat, dass in etwa lautet: „Wahnsinn ist immer das Gleiche zu tun und auf andere Ergebnisse zu hoffen“. Das trifft auf Trainerwechsel aus nüchterner Statistiksicht weitgehend zu! Allerdings ist die Statistik an dieser Stelle nur bedingt aussagekräftig. Man kann eine Mannschaft schlichtweg nicht sehr lang in die falsche Richtung steuern lassen und dann muss ein Reizpunkt her um kurzfristig Ergebnisse zu erzielen, da sich eine Art negative Grunderwartungshaltung manifestiert hat. Das ist aus meiner Sicht ein gruppenpsychologischer Prozess, den ein neuer Trainer mit anderer Herangehensweise und dem Anfangen bei Null für jeden kurzfristig massiv entgegenwirken kann. Daher ist man eben zu solchen Wechseln hin und wieder gezwungen und letztlich kann die Statistik ja auch keine genaue Aussage treffen weil man im Einzelfall nie weiß wie es ohne Wechsel weitergegangen wäre…

    1. Hi Basti,
      Ich muss sagen, ich finde es erstaunlich, dass du einen so langen Kommentar in einem Taktik Blog hinterlassen hast, ohne auch nur einen einzelnen Text gelesen zu haben.
      Hut ab,
      K.

    2. „Wahnsinn ist immer das Gleiche zu tun und auf andere Ergebnisse zu hoffen“ ist im Original von Albert. Nicht Streit, sondern Einstein.

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